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Berlin: Friedensdemo im Kinderzimmer

Wie Eltern über die Angst vor dem Krieg sprechen sollen

Franziska, acht Jahre alt, beschäftigt in diesen Tagen eine wichtige Frage: „Gibt es einen Weltkrieg?“ In der Schule erhält sie keine Antwort. Für die Lehrerin ist der Krieg im Irak kein Thema, der Unterricht ihrer zweiten Klasse läuft weiter ab nach Plan. Dieter Haase von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält das Verhalten der Pädagogin für einen Einzelfall. „Die Grundschullehrer wissen schon, wie sie das Thema altersgemäß im Unterricht behandeln“, sagt Haase. „Und das tun sie.“ Er hält es für selbstverständlich, dass mit den Kindern geredet wird, sie mit ihren Fragen und Ängsten nicht allein gelassen werden.

Diese Auffassung vertritt auch Schulsenator Klaus Böger. Natürlich müssten die Geschehnisse im Irak im Unterricht aufgearbeitet werden – von der ersten Klasse an. Bögers Sprecher Thomas John sagte, dass es dafür aber keiner gesonderten Empfehlungen bedürfe. Die Schulen wüssten selbst am besten, wie sie für die Schüler das Thema anpacken wollen. Auch wenn die Schulen in dieser Zeit eine besondere Verpflichtung haben, sind die Eltern natürlich die erste Anlaufstelle für die Kinder. „Es ist ganz wichtig, dass die Kinder mit ihren eigenen Befürchtungen ernst genommen werden“, sagt der Psychologe David Becker vom Fachbereich Erziehungswissenschaft an der Freien Universität. Man müsse mit den Kindern darüber reden, was sie ihrem Alter entsprechend aufnehmen können und was sie wissen wollen.

Während einige Ärzte davor warnen, dass Eltern den Kindern von ihren eigenen Ängsten zu erzählen, gehört es für Becker dazu, diese Gefühle nicht zu verschweigen. „Gerade kleine Kinder sind wie Seismographen, die spüren das sowieso“, sagt Becker. Die Kinder darüber dann im Ungewissen zu lassen, sei viel schlimmer. Es sei für die Kleinen viel beruhigender, wenn man ihnen erklärt, dass der Krieg einem selber ebenfalls Angst macht. Man könne ihnen dann auch vermitteln, dass man hier nicht unmittelbar betroffen ist. Es dürfe natürlich nicht darauf hinauslaufen, dass das Kind das Gefühl hat, die Eltern trösten zu müssen.

Für unrealistisch hält es Becker, den Krieg völlig aus dem Leben der Kinder ausblenden zu wollen und sie auch von allen Fernsehbildern aus dem Irak fern zu halten. Das bedeute aber, dass man Kinder nicht stundenlang vor dem Fernseher sitzen und sie mit den für ein Kind nicht zu verstehenden Bildern allein lassen dürfe. Die Zusammenhänge der Nachrichtensendungen seien zu komplex. „Sie müssen beim Fernsehen begleitet werden“,sagt Becker.

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