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Berlin: Friedersdorf hebt ab: Am östlichen Berliner Stadtrand entsteht Deutschlands erstes Fliegerdorf

Nehmen wir heute das Flugzeug oder doch den Wagen? Die Entscheidung muss spätestens auf der Treppe zum Untergeschoss des Einfamilienhauses fallen.

Nehmen wir heute das Flugzeug oder doch den Wagen? Die Entscheidung muss spätestens auf der Treppe zum Untergeschoss des Einfamilienhauses fallen. Rechts geht es zum Hangar, links zur Autogarage. Was sich wie eine Geschichte aus einem High-Society-Viertel im fernen Amerika oder einer verrückten Filmszene anhört, wird schon bald im östlichen Berliner Umland Wirklichkeit. In Friedersdorf, knapp 30 Kilometer hinter der Stadtgrenze gelegen, wird das erste deutsche Fliegerdorf, also eine Fly-in-Community, gebaut. "Nach achtjährigem Kampf mit unterschiedlichen Behörden haben wir endlich die Baugenehmigung für die ersten 26 Häuser in der Tasche", sagt Investor Henry Brauner, Sohn des Filmproduzenten Atze Brauner. Insgesamt sollen neben der Landebahn des Flugplatzes 54 Häuser entstehen. Dazu kommen ein Tower, eine Pilotenkantine und Unterkünfte für den Service rund ums Flugzeug.

"Die Idee ist einfach faszinierend", schwärmt Brauner. "Die Hauseigentümer landen mit ihren Privatmaschinen in unmittelbarer Nähe der Siedlung, rollen bis zum Eingang aus eigener Motorkraft, steigen dann in kleine Golfplatzcars um und ziehen ihr Flugzeug in den eigenen Hangar." Über mangelnde Nachfrage macht er sich keine Sorgen. In den USA gebe es rund 200 solcher Fliegerdörfer. Gerade Berlin mit seinem wachsenden Geschäftsreiseverkehr brauche so ein Angebot. Die Friedersdorfer Gemeindevertretung haben die Planer schon einmal auf ihre Seite gezogen. "Wir stehen hundertprozentig dahinter", erklärt Bürgermeister Hartmut Dehling. "Es kann für unseren noch etwas verschlafenen wirkenden Ort nur gut sein." Das Image steige und sicher werde auch die Infrastruktur einen Aufschwung nehmen, meint der Bürgermeister. "Vielleicht bekommen wir durch die exklusiven Bewohner und Gäste auch eine schöne Gaststätte in den Ort." Zuerst habe es auch Widerstände gegen das Fliegerdorf gegeben. Sogar eine kleine Bürgerinitiative sei ins Leben gerufen worden. "Vor allem die Bewohner des Neubaugebietes befürchteten Lärmbelästigungen durch startende und landende Flugzeuge. Da sich das Flugplatzgelände aber abseits des Ortes befindet, erwiesen sich alle Bedenken als haltlos", berichtet Hartmut Dehling.

Die Häuser mit Hangar und Autogarage werden wohl hauptsächlich von großen Firmen gemietet. Konzernangestellte könnten aus anderen Gegenden nach Friedersdorf fliegen und von dort per Auto nach Berlin weiterfahren. Doch auch Privatpersonen werden angesprochen. Die Preise der Häuser mit einer Wohnfläche von 233 Quadratmetern liegen einschließlich eines Grundstückes zwischen 691 100 und 781 400 Mark. Dazu kommt ein rund 66 000 Mark teurer Anteil an der Flugplatz-Betriebsgesellschaft. Allerdings müssen die künftigen Bewohner auf einen großen Garten verzichten. Statt eines Rasens und Obstbäume beginnt vor dem Hauseingang die Flugzeugpiste.

Der Friedersdorfer Bürgermeister rechnet vor allem mit Interessenten, die hier ab dem nächsten Jahr ihren Zweitwohnsitz anmelden. Das sei in der Genehmigung ausdrücklich so vorgesehen, weil der Ort eigentlich kein weiteres Neubaugebiet errichten dürfe, sagt Dehling. Doch ob diese Reglung tatsächlich überprüft werden kann, das steht auf einem anderen Blatt.

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