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Berlin: Frische Blüten von Papas PC

Drei Gymnasiasten saßen als Euro-Fälscher vor Gericht

Dem einen hatten die Eltern das Taschengeld gestrichen, der andere wollte nach Herzenslust einkaufen, der dritte Angeklagte betrachtete das Fälschen eines 50-Euro-Scheines als „computermäßige Herausforderung“. Sechsmal wurde die Banknote mit der Nummer X01846624538 in Zehnerschritten „vervielfältigt“. Was auf Papas Firmentechnik nur vier Monate nach dem Währungswechsel entstand, wurde im Zeitungsladen oder im Imbiss in der Regel nicht als plumpe Fälschung erkannt. „Die achteten auch nicht wirklich drauf“, sagte einer der drei 17 und 18 Jahre alten Schüler eines Tiergartener Gymnasiums gestern in einem der ersten Moabiter Prozesse um „Euro-Blüten“.

Sehr brav wirkten Ralf, Mario und Stefan (Namen geändert). Die drei stammen, wie das Gericht feststellte, sämtlich „aus geordneten Familienverhältnissen“. „Ich hatte die dumme Idee“, gestand Ralf, der wie Mario Kriminalist werden möchte. „Ich hatte ziemlich früh ein krass schlechtes Gewissen“, meinte Mario. Stefan sagte, er habe seinen beiden Freunden „nur helfen“ und sein Können testen wollen. Ralfs Eltern hatten ihm das Taschengeld gestrichen, weil er sein Geld für Drogen ausgegeben hatte. „Ich hatte keine Einnahmequelle mehr, aber Schulden in Höhe von 600 Euro“, erklärte der Schüler.

Als zwei Kumpels nicht länger auf das Geld für ein Handy warten wollten, das er verloren hatte, wollte Ralf ein paar Scheine selber drucken. Da er feststellen musste, dass sein Computer „dafür viel zu alt“ war, ging er zu Mario. Gemeinsam weihten sie schließlich Stefan ein, der in seinem Zimmer mit einem „krassen Gerät“ aus der Firma seines Vaters arbeiten durfte.

Ralf und Mario brachten die Blüten in Umlauf. In kleinen Läden kauften sie Kleinigkeiten und machten sich bei ihrem kriminellen Geschäft die Unsicherheit im Umgang mit dem Euro zunutze. „Es ist aber auch vorgekommen, dass es auffiel und ich weglief“, sagte Ralf. Auch Mario gestand das Einkaufen mit Falschnoten und bezeichnete es als eine „ziemlich krasse Belastung“. Aber seine Wünsche waren ihm das wert. „Wenn man durchs KaDeWe läuft, gibt es eine Million Dinge. Hunderttausend davon gefallen mir.“ Ihren Schulfreund Stefan nahmen beide in Schutz. Er habe für seine Arbeit „nichts gefordert und so gut wie nichts bekommen“.

Die letzten zehn der 60 Blüten fand die Polizei bei einem der Angeklagten. „Ich hatte einen Job in Aussicht, da brauchte ich das nicht mehr zu machen“, sagte Ralf. Alle drei versprachen, dass sie „nie wieder etwas Kriminelles“ anstellen werden, einer will sogar Klassenbester werden. Für die Blüten, die aus Sicht des Gerichts „zwar nicht gut, aber auch nicht so schlecht“ waren, müssen Ralf und Mario zwei Wochenenden im Jugendarrest verbringen. Stefan wurde wegen Beihilfe zur Geldfälschung verwarnt. Alle drei müssen zudem zwischen 30 und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Die Strafen kommen zwar ins so genannte Erziehungsregister, nicht aber ins polizeiliche Führungszeugnis. Kriminalisten können Ralf und Mario also immer noch werden.

Kerstin Gehrke

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