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Berlin: Früchte ihres Zorns

Die Bankskandal-Kritiker haben Erfolg – trotz mancher Naivität

Die Liste der Unterzeichner wird täglich länger. Der frühere FU-Präsident Rolf Kreibich kann sich vor Anrufen kaum retten. Unter seiner Führung fand sich im Januar ein Bündnis zusammen, das den Umgang mit dem Bankgesellschafts-Skandal anprangert. Auf Kreibichs Namensliste stehen prominente Professoren neben Künstlern, Ärzten, Juristen und Lehrern. Auch Peter Grottian ist dabei, jener FU-Professor, der schon Unterschriften für das Volksbegehren „Initiative Berliner Bankenskandal“ sammelte, das der Senat am heutigen Dienstag voraussichtlich ablehnen wird.

In beiden Initiativen bündelt sich der Unmut vieler Bürger. Sie empfinden es als schändlich, wie sich Führungskräfte an der Bank und letztlich am Gemeinwesen bereicherten. Das Loch, das sie durch ihr Verhalten in den Berliner Haushalt gerissen haben, führt zu den Kürzungen, unter denen alle zu leiden haben – Kitas, Schulen, Sportstätten, Justiz, Polizei, Gesundheitswesen. Dass die Ex-Manager frei herumspazieren und weiter fünfstellige Euro-Gehälter kassieren, monatlich versteht sich, erregt den Ärger vieler Bürger. Wann kommen die endlich vor Gericht? Warum müssen wir die Pleite ausbaden?

Die Initiatoren beider Bündnisse belassen es nicht bei Fragen. Sie fordern, dass endlich Prozesse beginnen, Transparenz geschaffen wird. Und die Bankgesellschaft entflochten wird. Dass das Land überlegt, wie es aus der Risikoabschirmung herauskommt. Die belastet den defizitären Berliner Haushalt mit potenziell 21,6 Milliarden Euro – für Risiken, die sich angesammelt haben, weil die Bank den Anlegern jedes Risiko abgenommen hat.

So gut es ist, dass da jemand Öffentlichkeit schafft: Kreibichs Leute sind nicht auf dem neuesten Stand. Ihre Forderung nach einer Entflechtung des Konzerns wird längst umgesetzt, allein schon, weil die EU-Kommission das zur Bedingung für Finanzhilfen gemacht hat. Die Weberbank wird verkauft, die Berliner Bank abgespalten. Das geht vielleicht nicht ganz so weit, wie es das Bündnis gerne hätte, aber es zielt in dieselbe Richtung.

Auch die anderen Forderungen sind nicht direkt umsetzbar. Die „sofortige Durchführung der Prozesse“ würde vermutlich im Freispruch enden, denn Staatsanwälte müssen jedes ihrer Worte beweisen, können also erst anklagen, wenn sie alles beisammen haben. Das unterscheidet sie von Politikern. Sicherlich hätten die Ermittler schneller sein können, wenn sie von Anfang an 13 Leute gewesen wären. Dasselbe gilt für die Risikoabschirmung. Warum es für das Land billiger sein soll, die Pleite der Bank zu riskieren statt den beschlossenen Weg zu nehmen, haben die Professoren auch nicht erklärt.

Alles in allem also: gute Absichten, tatkräftiges Engagement, aber zu wenig Realismus.

Fatina Keilani

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