zum Hauptinhalt
Los geht's. Endlich wieder lecker schlecken.

© Kitty Kleist-Heinrich

Frühling & Eiscreme in Berlin: Jetzt, bitte, 'ne Überdosis Schlumpfeis!

Frühling und Eiszeit - das passt zusammen. Am Mittwoch, als die Sonne Berlin verwöhnte, bildeten sich die ersten Schlangen vor den Eissalons. Wir waren dabei.

Frühlingsgefühle, nichts wie hin zur Premiere im Eissalon, endlich mal wieder das Gesicht in die Sonne halten und draußen vorm Café Latte Macchiato schlürfen - so weit war es bereits am Mittwoch dieser Woche. Endlich. Nun wirft uns in den kommenden Tagen vermutlich Tief Christoph wieder etwas zurück, es soll regnerisch und kühler werden. Aber wir sind am Mittwoch schon mal losgezogen, haben die ersten Berliner Frühlingsfans gesucht und die Stimmung eingefangen. Wo? Natürlich in den gerade wieder geöffneten Eissalons. Und am Tempelhofer Feld.

Wolln'Se was? - die Eiscreme-Überdosis bei Eis Hennig

Zwischen vietnamesischem Imbiss und grauem Wohnhaus liegt ganz flach und einstöckig der verglaste Pavillon von Eis Hennig. „Eis Hennig Eis“, so verheißen es die kunstvollen Schnörkel der überdimensionierten Leuchtbuchstaben. Sie locken in eine betriebige Eisdiele mit Kneipencharakter. „Wolln'se was?“, fragt eine junge pferdeschwänzige Frau hinter der Eistheke mit freundlich-drängendem Ton, denn die Entscheidung zwischen den 10 Sorten sollte nun wirklich nicht so lange dauern und überhaupt, man wartet. Neben dem altmodischen Vanille-Erdbeer-Schoko Repertoire stechen Avantgarde-Sorten wie Drachenfrucht und Oreo hervor. 70 Cent die Kugel, das ist fair und günstig genug für eine Eiscremeüberdosis.

Löffeln nach der Arbeit bei Eis-Hennig: Jonas (rechts) liebt Cookies, Abed Schoko-Himbeer.
Löffeln nach der Arbeit bei Eis-Hennig: Jonas (rechts) liebt Cookies, Abed Schoko-Himbeer.

© Nora Noll

Jonas ist noch in Arbeitskleidung, direkt aus der Tischlerei zum Eis, das liegt auf dem Weg. Er läuft hier öfters vorbei, schon im Februar war Eiszeit, für ihn. Cookies ist besonders gut, und früher gab es Honig-Milch, absoluter Favorit. Abed ist mitgekommen, zum ersten Mal im Eis Hennig, mit Schoko-Himbeer aber sehr zufrieden. In ihren Händen verschwinden die Plastik-Eislöffel wie bunte Zahnstocher.

Sawash vermischt gleich fünf Kugeln in seinem Pappbecher. Er ist Stammgast im Eis Hennig, nach Feierabend sofort hierher und sich was gönnen, endlich wieder schönes Wetter seit langem, danach entspannen auf der Wiese, so erzählt er. Aber Drachenfrucht, ne, hat er ausprobiert, aber das hat einen komischen Nachgeschmack.

Hinter den Alu-Stühlen und Alu-Tischen und Kleinfamilien, die im Kreis sitzen und im Clowneisbecher herumstochern, führt eine Glastür auf einen kleinen Hinterhof. Der Oreo-Eisgeschmack vermischt sich mit Zigarettenrauch, den ein älteres Paar gegen den Wind bläst. Auf den Betonplatten steht eine rote Kinderrutsche, die Kinder darauf und drumherum haben grüne und blaue Waldmeister- und Schlumpfeisreste auf der unteren Gesichtshälfte verschmiert, als hätten sie einen Clown verspeist. Ein paar Sonnenlinien zeichnen den Umriss einer Tanne nach. Es fühlt sich nach Frühling an.

Frühling und Eis, das passt zusammen, findet auch Simon. Eigentlich wollte er mit Papa zu Vanille Marille, aber das war so voll und Papa wollte nicht mehr anstehen, also halt Eis Hennig. Eis-Bilanz: Das dritte bisher, viele sollen noch folgen.

Eis und Laptop, Eis und Buch, Eis und Kopfhörer, einsames Eis. Der Kellner fegt die Tannennadeln auf den Betonplatten hin und her, dann wischt er die metallig glänzende Tischoberfläche ab, feucht mit Schlieren, und betropft sie gleichzeitig aus einer halbvollen Kaffeetasse. Als er es bemerkt, lacht er. Die Sonne verschwindet hinter den Hausrückwänden. Der Frühling bleibt.
Eis Hennig, Tempelhof, Tempelhofer Damm 134, www.eis-hennig.de
NORA NOLL

Nachschlag für Elyas, bei Lauter-Eis in Lichterfelde auf dem Schoß seiner Mutter Annekatrin Ruhose.
Nachschlag für Elyas, bei Lauter-Eis in Lichterfelde auf dem Schoß seiner Mutter Annekatrin Ruhose.

© Lotta-Clara Löwener

Nicht ohne Sahnehaube und Streusel - bei Lauter-Eis

Sie ist beliebt im Kiez und vom Tagesspiegel für ihr außergewöhnliches Pistazieneis in höchsten Tönen gelobt worden: Bei der Eisdiele „Lauter Eis“ ist schon in der ersten Woche nach der Winterpause Hochbetrieb. Draußen gibt es zwar nur zwei Tische mit insgesamt vier Stühlen, die Eisliebhaber quetschen sich trotzdem eng an eng auf die provisorische Holzterrasse vor dem Geschäft.

„Wir sind hier, um die ersten Sonnenstrahlen zu genießen“, sagt Annekatrin Ruhose. Die 34-Jährige ist an diesem Tag spontan mit ihrem Sohn Elyas da. Beide haben sich für das Pistazieneis entschieden. Der „Schlager“ des Geschäfts, bestätigt der 17-jährige Verkäufer Ben Hofmann. Der vierjährige Elyas ist ganz verliebt in den Laden: „Das Eis schmeckt hier so gut. Und alle sind total nett hier.“ 

Mit einer großen Sahnehaube und den bunten Streuseln oben drauf, schleckt er glücklich an der Eistüte. Es ist inzwischen schon sein zweites Eis in diesem Jahr. „Am Wiedereröffnungstag letzten Samstag war unser Besuch hierher geplant. Wir wohnen um die Ecke und haben das Eis im Winter schrecklich vermisst“, schwärmt Mama Annekatrin. Kein Wunder, im unterirdischen Eislabor wird hier alles selbst gemacht. Ausnahmsweise gibt es für Elyas heute nochmal Nachschlag: Schokolade und Cookie. Und die Streusel dürfen nicht fehlen.
Lauter-Eis, Steglitz-Licherfelde, Hortensienstraße 12B, direkt am S-Bahnhof „Botanischer Garten“, www.lauter-eis.com
LOTTA-CLARA LÖWENER

Happy mit Eistüte am Tempelhofer Feld. Studentin Anna Kraus.
Happy mit Eistüte am Tempelhofer Feld. Studentin Anna Kraus.

© Jana Weiss

Erst zu "Mos Eisley" - dann zum Sonnenuntergang

Kurz vor Sonnenuntergang leeren sich langsam die Eisbehälter in "Mos Eisley", der gut besuchten Eisdiele im Neuköllner Schillerkiez. Anna (31) hat sich ihr Eis von dort mit zum nahegelegenen Tempelhofer Feld genommen, wo sie sich mit ihrem Freund Christian (31) trifft. Die Studentin und der Psychiater wohnen in Neukölln und kommen oft nach Feierabend hier her, essen Eis oder trinken ein Bier vom Späti. Im Sommer sitzen sie am liebsten in der kleinen Urban-Garden-Anlage auf dem Feld, aber noch blüht da nicht viel.

Merkt man im Krankenhaus, dass der Frühling kommt? „Eigentlich nicht“, sagt der junge Arzt, „die psychiatrische Station ist ziemlich Jahreszeiten-unabhängig. Es werden aber jetzt weniger Obdachlose zu uns gebracht.“

Gelateria Mos Eisley, Herrfurthplatz 6, Neukölln, www.moseisley-gelateria.de

JANA WEISS

Es geht auch so. Mit Prosecco ...
Es geht auch so. Mit Prosecco ...

© Jana Weiss

. . . und einem ersten Frühjahrs-Picknick auf der Bank.
. . . und einem ersten Frühjahrs-Picknick auf der Bank.

© Jana Weiss

"Prost!" aufs Frühlings-Comeback

Auch mit Prosecco lässt sich der Frühlingsstart genießen: Adriadne Klinkenberg, Yogalehrerin und Ärztin und Designer Hermann Klöckner haben am Rand des Neuköllner Schillerkiezes gleich ein kleines Picknick nach draußen geschleppt. Mit Blick aufs Tempelhofer Feld. Wer sich in den letzten Monaten der Finsternis einen Vitamin-D-Mangel zugelegt hat, sollte mal auf die weite einstige Flughafenfläche fahren. Sonnenlicht gibt's hier genug. Leicht beschwipst prosten sie dem Frühling zu - bis die Sonne um 18.10 Uhr geht, hoffentlich nicht für längere Zeit.
JANA WEISS

Erst der Eisbecher - dann zur Arbeit: Maximilian Madawala an der Stargader Straße.
Erst der Eisbecher - dann zur Arbeit: Maximilian Madawala an der Stargader Straße.

© Emilie Brummel

Apfel-Basilikum vom coolen "Hokey Pokey" im Kiez

Hokey Pokey liegt in der Stargarder Straße im Prenzlauer Berg. Hinterm Tresen arbeiten zwei junge Frauen mit rot bemalten Lippen. Beide tragen einen Dutt auf dem Kopf und einen weißen Rollkragenpulli am Leib. Die Wände der Eisdiele sind hellgelb gestrichen und mit vielen goldenen Spiegeln behängt. Neben dem Tresen stehen große Gläser mit Streuseln und Baiser. Alles passt zusammen, typisch Prenzlauer Berg. Doch abgesehen vom Augenschmaus kann das Eis scheinbar auch überzeugen. Jedenfalls ist die Eisdiele kurz nach Eröffnung um 13 Uhr schon ziemlich voll.

„Das Eis ist irre gut.“, sagt Maximilian Madawala. Er kennt Hokey Pokey von seinem Ex-Freund und hat seitdem seinen ganzen Freundeskreis hergebracht. Heute hat er direkt nach dem Frühstück einen Abstecher in den Eisladen gemacht. Danach geht’s auf zur Arbeit.

Zusammen ein freier Tag - dann schnell zu Hokey Pokey: Sonderpädagogin Jennifer Dahm (links) und Lehrerin Madlen Czychall.
Zusammen ein freier Tag - dann schnell zu Hokey Pokey: Sonderpädagogin Jennifer Dahm (links) und Lehrerin Madlen Czychall.

© Emilie Brummel

Madlen Czycholl und ihre Freundin Jennifer Dahm genießen trotz Wolken am Himmel die besonderen Eiskreationen. Schokoladensorbet und Rocky Road mit Marschmellows und Pekannüssen. „Ich kenn den Laden seit ich hier wohne. Die Verkäuferinnen sind mega nett und es geht immer schnell.“, sagt Madlen. Wenn es nicht regnet, wollen die zwei noch eine Runde spazieren gehen, am Abend Prosecco trinken und Pizza mit Blaubeeren essen.

Ein Berlinausflug unter Mutter und Tochter. Yvonne und Elke Danilewski sind aus dem fernen Essen hergereist, um das Eis von Hokey Pokey zu kosten. Naja, nicht ganz, aber fehlen durfte ein Besuch in der Eisdiele nicht. „Wir haben den Zoo besucht, das Brandenburger Tor und den Fernsehturm. Und meine Freundin hat mir das hier empfohlen.“

Zimt-Zitrone, Dänische Lakritze, Apfel-Basilikum, Indische Mango, Französische Schokolade. Guten Appetit.

Eispatisserie Hokey Pokey, Stargarder Straße 73, Prenzlauer Berg

EMILIE BRUMMEL

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false