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Sorgt für Durchblick. Ein Fensterputzer am Auswärtigen Amt, im Spiegel die Friedrichswerdersche Kirche.

© Wolfgang Kumm, dpa

Frühlingsbeginn: Berlin startet in die Kehrwoche

Die kalte Zeit ist fürs Erste vorbei, BSR und Reinigungsfirmen putzen die Stadt zum Frühlingsbeginn heraus. Wann der Bahnhof Spandau drankommt, ist noch unklar.

Bei der BSR hat der Frühjahrsputz schon begonnen. Alle anderen dürften spätestens an den beiden Sonnentagen in der vergangenen Woche gesehen haben, dass er fällig ist: morgens, als jedes Wintersplittkorn auf dem Gehweg in der aufgehenden Sonne einen Schatten warf. Nachmittags, wenn man hinter blinden Scheiben auf die Bahn wartet. Und oft auch beim Blick aus dem heimischen Fenster, hinter dem je nach Wohnlage leichenstarres Vorjahresgestrüpp aus Blumenkästen ragt oder das 2015er-Laub matschig auf jenen Planen liegt, unter denen Frühlingsboten wie Grill und Gartenstuhl warten.

Das passende Wetter zeichnet sich – noch unverbindlich, aber immerhin – für die Woche nach Ostern ab, die sonniger und wärmer zu werden verspricht. Bis dahin gilt: Karwoche ist Kehrwoche.

Peter Hollmann, Vorstand der Gebäudereiniger-Innung und Betriebsleiter des einschlägigen Dienstleisters Niederberger, bestätigt, dass gerade Hochsaison ist: Hauseingänge und Flure würden vom eingeschleppten Winterstreugut befreit, ebenso Drainagegitter und Roste. Außerdem sei Fensterreinigung angesagt. Die Glasfassaden vieler Neubauten legen nahe, dass Fensterputzer ein besonders zukunftsträchtiger Beruf sein müsste. Leider nicht, sagt Hollmann: „Es ist durchaus üblich, dass die Fensterreinigung etwa in Schulen nur noch alle zwei Jahre stattfindet.“ Diese Sparsamkeit sei der Extremfall in einem Trend: Auch andere ließen ihre Fenster statt früher viermal nur noch zweimal jährlich putzen. Hollmann findet allzu große Knausrigkeit, um im Bild zu bleiben, kurzsichtig, denn „auch Glas korrodiert“ und werde irgendwann nicht mehr richtig klar.

In Spandau und Südkreuz sieht's düster aus

Die Warnung möchte man der Bahn zurufen, deren Stationen teils völlig verdreckt sind – gerade die modernen mit den großen Glasflächen. Aus der Ringbahnhalle am Ostkreuz ist das Fernsehturmpanorama nur noch zu erahnen, in Spandau sieht’s unterm Glasdach finster aus, am Südkreuz kaum besser. Etwas mehr Licht ist wie so oft am Hauptbahnhof.

Wie oft werden die großen Bahnhöfe gereinigt? „Jeweils nach Bedarf“, teilt die Bahn auf Anfrage mit. Am Hauptbahnhof sei ein Teil der Glasflächen im Zuge der Stadtbahnsperrung im Herbst gereinigt worden, demnächst sei die Station in Spandau dran – aber es gebe noch keinen Termin, weil die „Befahranlage“, also die Konstruktion für die Fensterputzer, Probleme mache. Und wohl im Mai seien am Südkreuz die unteren Bahnsteigdächer an der Reihe. Weitere Fragen, etwa zum Reinigungsturnus von Bahntower und S-Bahnzügen, ließ die Bahn offen.

Faszinierende Lichtspiele schaffen die verdreckten Scheiben im Spandauer Bahnhof - aber den Himmel zu sehen, könnte zur Abwechslung ja auch schön sein.
Faszinierende Lichtspiele schaffen die verdreckten Scheiben im Spandauer Bahnhof - aber den Himmel zu sehen, könnte zur Abwechslung ja auch schön sein.

© André Görke

Hollmann berichtet, dass die Bahn viele Putzarbeiten innerhalb des Konzerns erledige. Im Tower am Potsdamer Platz ist sie nur Mieter. Formal gehört der Turm zum Sony-Center – einem der größten Betätigungsfelder für Fensterputzer in Berlin. Die Preise seien dort allerdings im Zuge der Eigentümerwechsel gefallen, sagt Hollmann, „irgendwann macht man es dort nur noch für die Ehre“.

Die Wartehäuschen der BVG befinden sich in Obhut des Stadtmöblierers Wall. Auch dort ist von zusätzlichem Frühjahrsputz die Rede: Zurzeit würden die Dächer gereinigt, damit Laub und Dreck nicht die Regenabflüsse verstopfen. Nächsten Mittwoch startet Wall am Viktoria-Luise-Platz außerdem publikumswirksam die Brunnensaison.

Und was empfiehlt der Profi für den heimischen Fensterputz?

Die Frage, ob man die heimischen Fenster nicht selbst putzen könne, beantwortet Hollmann mit dem Hinweis, dass die meisten Unfälle im Haushalt geschehen und die Fallhöhe in Berliner Altbauten beträchtlich sei. Statt selbst den Oberschenkelhals zu riskieren, empfiehlt er Profis, die kratzfreie Schwämme und für hartnäckigen Dreck „Glashobel“ hätten. Wer Leistungskontrolle betreiben will: 10 bis 20 Quadratmeter pro Stunde soll ein Fensterputzer schaffen, wobei die wahre Fläche wegen der Innen- und Außenseiten in Wahrheit doppelt so groß sei. Oder im Fall von Doppelfenstern sogar vier- mal so groß, weshalb dafür mehr Zeit eingeplant werden müsse. Wer unbedingt selbst ran wolle, sollte kein Zeitungspapier nehmen (wegen der Druckerschwärze), sondern ein Leinentuch.

Während in der Gebäudereiniger-Branche in Berlin rund 30.000 Menschen – viele in Teilzeit und die Mehrheit ungelernt – arbeiten, ist die BSR in zwei Schichten mit 2100 Leuten und 600 Fahrzeugen unterwegs. Als Faustregel gilt, dass alles „von Hauswand zu Hauswand“ aufgehübscht wird, also neben Fahrbahn und Gehweg auch Mittelstreifen, Baumscheiben und lädierte Papierkörbe. Wie üblich soll der Frühjahrsputz bis Ostern geschafft sein. Dieses Ziel sei aber „sehr wetterabhängig“, betont BSR-Sprecher Sebastian Harnisch. Sobald nachts Frost drohe, hätten der Winterdienst Vorrang und die mit Wasser betriebenen Kehrmaschinen wegen der Glatteisgefahr Pause.

In manchen Außenbezirken bittet die BSR mit Schildern zum Umparken, damit die Kehrmaschinen überall hinkommen. Für Parks und Grünanlagen sind ganz überwiegend die Bezirksämter zuständig. Und fürs Frühlingswetter, wie es momentan aussieht, der Osterhase.

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