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Berlin: Frühlingsgefühle mitten im Winter

CDU-Basis feiert Friedbert Pflüger als Heilsbringer. Heute wollen die Kreischefs ihn als Kandidaten küren

So marschieren Hoffnungsträger ein. Als Friedbert Pflüger am Sonntagvormittag in einem Steglitzer Autohaus durch das Spalier seiner neuen Parteifreunde schreitet und eine Hand nach der anderen schüttelt, spielt das Akkordeon-Orchester neben der Bühne „Ein Freund, ein guter Freund“. Pflüger strahlt braun gebrannt in 300 erwartungsvolle Gesichter, die ihm zulächeln oder ihn abwägend mustern. Als das Orchester den Frostgraden vor der Tür zum Trotz „Veronika, der Lenz ist da“ anstimmt und Pflüger unter Applaus die kleine Bühne erklimmt, da scheint der Neujahrsempfang der Bezirks-CDU für jenen Neubeginn zu stehen, von dem Berlins Union seit Jahren träumt und für den seit gut einer Woche der Name Friedbert Pflüger steht.

Offiziell will Parteichef Ingo Schmitt den Kandidaten erst am Montag vorstellen. Gestern machte Pflüger schon mal eine Tour durch die Kreisverbände. In Steglitz-Zehlendorf schenkte ihm ein Parteifreund einen Zollstock aus dem Baumarkt, Aufdruck: „Mehr als man erwartet“, und verkündete dann voller Erleichterung über den Ausgang der langwierigen Kandidatensuche: „Jetzt wird nicht mehr getöpfert, jetzt wird gepflügt.“

In seiner Rede zeigt Pflüger, dass er weiß, woran Berlins CDU bislang unter anderem krankte. Neben kämpferischen Worten gegen den rot-roten Senat warnt er an die eigenen Leute gerichtet, dass „die schlechten Zeiten“ nur dann vorbei seien, wenn man gemeinsam kämpfe: „Wer aus der Reihe tanzt, wird merken, es wird nicht zu seinem Guten sein.“

Klare Worte auch zu seiner einstigen Leidenschaft für die Hauptstadt Bonn, die sozialdemokratische Lokalpatrioten dem Niedersachsen Pflüger kritisch vorhalten. „Ich habe 1991 für Bonn als Hauptstadt gestimmt – heute weiß ich, das war falsch. Man kann die guten Seiten der Bonner Demokratie auch in Berlin leben.“ Die Parteifreunde stehen zwischen polierten Autos, klatschen viel und jubeln laut. „Wir sind erleichtert, dass wir endlich einen Kandidaten haben und mit dem Wahlkampf beginnen können“, sagen zwei Frauen und prosten sich mit Sekt zu. Auch Parteichef Ingo Schmitt ist anzumerken, dass die Auswahl Pflügers ihn von einer Last befreit. „Die Basis wurde unruhig.“

Die einzige Unruhe an diesem Tag rührt daher, dass Pflügers Zeitplan eng ist. Für die vielen Mitglieder, die ihm „Alles Gute“ wünschen oder ihm ihre Anliegen vortragen wollen, hat er nur wenig Zeit. Das will er in den nächsten Wochen nachholen, sagt er noch, dann bringt ihn sein Fahrer vom Autohaus ins Schöneberger Rathaus. Einige hundert CDU-Mitglieder warten dort bei Braten und Bier auf ihn, just in dem Saal, in dem vor 25 Jahren der Senat Richard von Weizsäckers tagte, für den Pflüger als junger Mann die Reden schrieb. „An meinem ersten Tag kam ich im Rollkragenpullover“, erzählt Pflüger. Da nahm ihn von Weizsäcker zur Seite und sagte: „Sie betreten das Abgeordnetenhaus nie wieder ohne Krawatte.“

Die Anekdote kommt an im Saal, ebenso die, wie Pflüger seine erste Rede zurückbekam mit der Bemerkung, sie gehe zu wenig auf die Menschen ein. Diese Lehre beherzige er bis heute, sagt Pflüger, und die Parteifreunde danken mit Applaus, wie auch für die Ankündigung, 2011 erneut für Berlins CDU anzutreten, falls er die Wahl diesmal verlieren sollte. „Ich will bleiben“, sagt Pflüger.

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