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Berlin: Führers Jacke bleibt in Moskau

Das Karlshorster Kapitulationsmuseum wollte Hitlers Ausgehuniform zeigen. Doch das Kulturministerium zieht nicht mit

Zwei Uniformjacken, eine sowjetische, eine deutsche, ausgestellt in Karlshorst, im Raum, in dem drei deutsche Generäle am 8. Mai die bedingungslose Kapitulation unterzeichneten. Zwei besondere Uniformjacken: die Stalins und die Hitlers. Zwei Jacken als Symbole der beiden Diktaturen, die Krieg gegeneinander führten. Peter Jahn, Leiter des deutsch-russischen Museums Karlshorst, hält das noch immer für eine bedeutungsgeladene Inszenierungsidee zum 60. Jahrestag des Kriegsendes. Die Inszenierung sollte Besucher des Museums in eine aktuelle Schau hineinführen. Unter dem Titel „Triumph und Trauma“ wird sie sich mit den sowjetischen und nach-sowjetischen Erinnerungen an den Krieg befassen. Das klappt nicht, die beiden Diktatorenjacken werden nicht gezeigt. Sie sind zum Politikum geworden.

Die Jacken, Kriegsbeute, gehören einem Moskauer Museum. Bei der Hitlerjacke handelt es sich um eine helle Ausgehuniform, deren Kragen versengt ist. An ihrer Echtheit hegen Fachleute keine Zweifel. Stoff, Schnitt, Größe – alles stimmt. Moskauer Museumsleute, erzählt Jahn, wollten ihm die beiden Jacken leihen, verlangten aber, was Moskauer Kultureinrichtungen beim Verleihen von Museumsstücken immer verlangen: eine staatliche Rückgabe-Garantie. Die aber verweigert die Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), die der Staatsministerin Christina Weiss unterstehende Behörde im Bundeskanzleramt.

Für Hans Ottomeyer, Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums, ist das „eine tiefgehende Sache“. Ottomeyer ist in zweierlei Hinsicht von dem Vorgang betroffen. Einerseits theoretisch: Auch sein Haus zeigt Kriegsbeute. Die sind anders zu behandeln als erbeutete Kunstwerke. Kriegsbeute, von der Fahne bis zur Waffe, ist unbestrittener Besitz der Museen. Würde man darüber streiten wie etwa über erbeutete Bilder, kämen die Geschichtsmuseen und Zeughäuser „in ein großes Dilemma“, wie Ottomeyer sagt. Ganz praktisch betrifft ihn der Vorgang, weil er vor ein paar Wochen im Moskauer Historischen Museum einen Vortrag gehalten hat und mit Kollegen schon überlegte, wie man die Ausstellungsstücke am besten verpacke. Da weigerte sich das BKM plötzlich, die bisher übliche Rückgabegarantie auszustellen.

Keiner weiß, warum das so ist. Eine Sprecherin der Behörde sagte, die von den Moskauer Museumsleuten geforderte Garantie sei nicht nötig. Bei der Hitlerjacke handele es sich nicht um ein Kulturgut, sondern um Kriegsbeute. Auf die Idee, die geforderte Garantie unbürokratisch zu geben, will sich die Sprecherin nicht einlassen.

Ottomeyer vermutet als Ursache eher ein Missverständnis. Dass es Befürchtungen gibt, von der angesengten Hitlerjacke könne eine Anziehungskraft für Neonazis ausgehen, glaubt er nicht. Gewiss, sagt er, es gebe generell „die Angst, Stücke des persönlichen Gebrauchs von nationalsozialistischen Größen in den historischen Kontext zu stellen“. Manche sähen eine Ausstellung eben immer als „Medium ehrenden Gedenkens“. Das sei aber nicht das Anliegen einer Ausstellung, die einen kritischen Kontext herstellt.

Nichts anderes hatte und hat Peter Jahn im Kapitulationsmuseum vor. In der Schau über „Triumph und Trauma“, die am 4. Mai eröffnet werden soll, geht es um die Bedeutung des „Großen Vaterländischen Krieges“ im kollektiven Gedächtnis der Russen – und um private Erinnerungen daran. Das geht auch ohne Stalin- und ohne Führerjacke.

Die Ausstellung „Triumph und Trauma. Sowjetische und postsowjetische Erinnerung an den Krieg 1941-1945“ wird am 4. Mai eröffnet. 5. Mai bis 28. August, Deutsch-Russisches Museum in Karlshorst, Zwieseler Straße 4. Jeweils Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.

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