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Nana Rebhan sammelt Geld für Touristen-Doku: Fünf Euro zahlen, im Film auftreten

Regisseurin Nana Rebhan sammelt mit ihrem Riesenrollkoffer Geld und Stimmen für eine Dokumentation über Touristen.

Wer schon immer mal seine Meinung über Touristen in Berlin loswerden wollte – jetzt steht dafür eine Kamera bereit. Die Filmemacherin Nana Rebhan („Berlin: Hasenheide“) zieht derzeit mit einem riesigen Rollkoffer und ihrem Equipment durch die Stadt, um Stimmen einzufangen. Fünf Euro kostet ein Statement. Über diese Schwarmfinanzierung will Rebhan ihre neue Tourismusdokumentation „Welcome Goodbye“ bezahlen. „Geld von der Filmförderung zu bekommen dauert sehr lange, außerdem versuchen das hunderte Künstler in Berlin“, sagt sie. „Aber das Tourismusthema ist jetzt aktuell, der Film muss jetzt gemacht werden.“

Die deutsche Filmbranche entdeckt das sogenannte Crowdfunding gerade als Finanzierungsmodell. Für den momentan in den Kinos laufenden Film „Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit“ gaben 274 Fans rund 26 000 Euro, damit das Material zu einem Kinofilm verarbeitet werden konnte. Und um die TV-Serie „Stromberg“ endlich auch im Kino sehen zu können, überwiesen tausende Investoren zusammen sogar eine Million Euro. Dafür erhalten sie nach der Auswertung der Kinobesucherzahlen 2013 vielleicht auch Anteile aus den Erlösen zurück.

Eine der derzeit fünf großen Plattformen für Crowdfunding ist Startnext. „Für eine kreative Idee können hier möglichst viele Menschen begeistert werden“, erklärt Christian Rohr, der die Projekte betreut. 225 Ideen – darunter neben Filmen auch Musik, Spiele oder Bücher – konnten in den eineinhalb Jahren seit dem Start finanziert werden. Wichtig ist Rohr, dass es sich bei der finanziellen Unterstützung nicht um Spenden handelt, sondern dass die Investoren für ihr Geld „Dankeschöns“ bekommen.

Nana Rebhan etwa bietet neben der Pro- oder Contra-Meinung an, für 20 Euro eine DVD zum Film zu verschicken, sobald er fertig ist. Für 250 Euro erhalten Investoren zwei Premierenkarten und eine lustige Freibierrunde mit der Regisseurin. Und wer sogar 2500 Euro vorschießt, darf mit Rebhan einen ganzen Tag lang durch Berlin radeln und wird prominent im Abspann genannt. Bislang hat Rebhan allerdings erst rund zwei Drittel der angestrebten 10 000 Euro gesammelt. „Noch ist die Motivation, Starter zu unterstützen, in Deutschland sehr gering“, sagt Rehr. Das sei in den USA ganz anders. Allein über den Martkführer Kickstarter haben schon mehr als zwei Millionen Menschen 20 000 Projekte finanziert.

„Ich habe keine Lust mehr, alles nur online zu machen“, sagt Rebhan nach dem schleppenden Anrollen ihres Crowdfundings. Nun geht sie auf die Straße, um die Betroffenen zu fragen: „Wie verkraftet ’ne Stadt wie Berlin so viele Touristen? Für manche ist das eine Vision, für viele ist es eine Horrorvision.“ Doch sollen nicht nur Tourismushasser und Profiteure zu Wort kommen, sondern Rebhan will vor allem Touristen auf ihrem Weg begleiten. Gerade erst hat sie einen Inder getroffen, der sich Städte erschließt, indem er jeden Tag einfach drauflos läuft. Bald filmt sie zwei Taiwanesinnen, die eine „Europa in acht Tagen“-Tour durchziehen.

Noch sucht die Filmemacherin interessante Berlin-Besucher wie etwa spanische Feier-Touristen oder Israelis mit deutschen Wurzeln. „Spannend fände ich auch ein älteres Ehepaar, das schon Jahrzehnte nicht mehr da war“, sprudelt es aus Rebhan heraus. „Und ganz unbedingt möchte ich einen Türken oder eine Türkin treffen, die noch nie in Berlin war, aber Verwandte hier hat.“ Seit einem Jahr arbeitet die fröhliche Frau an dem Film. Den Trailer hat sie ohne Budget vorgedreht und in diesem Sommer stehen die meisten Aufnahmen an. Ihr großes Ziel heißt: Berlinale 2013.

Das Crowdfunding läuft noch bis zum 30. Juni unter:

www.startnext.de/welcomegoodbye

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