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Berlin: Fünf Jahre Stillstand im Bezirksamt

Seit 1998 wartet ein Bauherr in Weißensee auf die Genehmigung – bestraft wird er nun für die unterlassene Investition

Ein Investor ist jemand, der investiert, logisch. Zum Beispiel in ein Bauvorhaben. Dann entstehen neue Wohnungen, neue Büros und Geschäfte – oder sogar neue Arbeitsplätze. Dass ein Münchner Investor seit Jahren ein solches Bauvorhaben in Berlin verwirklichen will, das zuständige Bezirksamt das aber unmöglich macht, ist nicht logisch. Und dass er jetzt auch noch wegen unterlassener Investitionen 204 000 Euro Strafe zahlen soll, auch nicht.

Denn bereits im Sommer 1998 hatte der Münchner Geschäftsmann einen Bauantrag für ein Grundstück in Weißensee südlich des Antonplatzes gestellt. An der Berliner Allee zwischen Mahler- und Rossinistraße wollte er ein fünfstöckiges Wohn- und Geschäftsgebäude errichten. Investitionssumme: rund 10 Millionen Euro. Doch bis heute hat es das Bezirksamt nicht geschafft, einen Bebauungsplan zu erstellen.

Den nachlässige Umgang der Berliner Ämter mit potenziellen Investoren hatte kürzlich auch das Bundesfinanzministerium moniert: Anfragen würden liegen gelassen und Termine verschleppt werden. Eine Erfahrung, die auch Anwalt Richard Friderichs gemacht hat. Er vertritt die Interessen des Münchner Investors. Im Juni 1998 habe sein Klient Vertretern des Bezirks- und des Stadtplanungsamts den Entwurf für ein Wohn- und Geschäftshaus präsentiert: eine Ladenzeile im Erdgeschoss, Büroräume in den ersten drei Stockwerken und Maisonettewohnungen in den zwei obersten Etagen. Das Bezirksamt habe das Bauvorhaben begrüßt, sagt Friderichs. Im Oktober 1998 fasste die Behörde dann auch den so genannten Aufstellungsbeschluss, das ist so etwas wie der offizielle Startschuss für die Anfertigung eines Bebauungsplanes. Um das Verfahren zu beschleunigen, habe der Investor die Kosten für die Planungsarbeiten übernommen: 68 528,71 Mark, die sonst das Bezirksamt hätte zahlen müssen. Des weiteren habe er vertraglich zugesichert, dass durch die Mieter in der Ladenzeile Arbeitsplätze geschaffen würden, sagt Friderichs. Und auch die künftige Miethöhe für die Wohnungen habe er – wie vom Amt gefordert – nach dem Mietschlüssel des Bezirks gerichtet.

Genützt hat es wenig, einen Bebauungsplan gibt es noch immer nicht. Stattdessen wurde der Münchner Investor immer wieder vertröstet. Gegenüber seinem Anwalt erklärte die Behörde, die Erstellung eines Bebauungsplan dauere in Berlin nun einmal fünf Jahre. Das sei wirklich nicht ungewöhnlich, sagte der zuständige Baustadtrat Martin Federlein (CDU) dem Tagesspiegel. Seine Behörde müsse 180 Bebauungspläne bearbeiten und deshalb Prioritäten setzen. Andere Bauvorhaben seien wichtiger für den Bezirk als das an der Berliner Allee.

Der Senator für Stadtentwicklung denkt da anders: „Durch Umbau der Berliner Allee soll die Konkurrenzfähigkeit der verkehrsreichen Geschäftsstraße erhöht werden … Besondere Priorität haben die Projekte am südlichen Antonplatz“, heißt es dort. Dennoch kann er nichts unternehmen. „Das Verfahren ist eine reine Bezirksangelegenheit“, sagt Petra Reetz, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Aber selbstverständlich könnten die Bezirksämter mit ein bisschen Bemühen solche Abläufe beschleunigen.

„Zutiefst unsozial“ nennt der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Landesvorsitzende der FDP, Markus Löning, das Vorgehen des Bezirksamts Pankow. Dem Land würde so die Chance auf neue Arbeitsplätze genommen. „Wenn die Bezirke die Bearbeitung von Bauvorhaben nicht auf die Reihe kriegen, dann muss eine zentrale Baubehörde auf Landesebene her“, fordert Löning.

Baustadtrat Federlein hat jetzt versichert, dass der Bebauungsplan noch in diesem Jahr fertiggestellt werde. Dem Investor aus München nutzt das wenig. Denn er soll nun 204 000 Euro an die TLG (Treuhand Liegenschaftsgesellschaft) zahlen, die ihm das Grundstück an der Berliner Allee verkauft hat – wegen unterlassener Investitionen. Sein Anwalt hat deshalb beim Bezirksamt Pankow einen Sachstandsbericht angefordert. Das war am 7. Mai. Bis heute hat die Behörde darauf nicht reagiert. Aber Federlein hat jetzt zugesagt, sich darum zu kümmern.

Dagmar Rosenfeld

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