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FÜNF  MINUTEN  STADT: Es grünt so grün

Ein Samstagabend in Kreuzberg, unweit des Görlitzer Bahnhofs...

Von Maris Hubschmid

...Den Gehweg an der Skalitzer Straße hinunter kommt eine kräftige Frau in den Vierzigern und einem leuchtend grünen Dress. Mottoparty oder Kinderfest? Die Frau ist Tinker Bell, die Fee aus Peter Pan, zu Deutsch: Glöckchen, oder in der Disney-Version: Naseweis. Unverkennbar an den Flügeln und dem Rock, der in großen, blattähnlichen Zacken abfällt. Dieses Kostüm sieht selbstgemacht aus, die Zacken sind aus grobem Filz geschnitten. Und auch sonst hat die Fee von der Leichtigkeit des Vorbilds nicht viel: Dicke, schwarze Locken, ein merkliches Bäuchlein. Stattliche Oberarme. Sie schnauft ein bisschen, wohl, weil sie eine schwere Tasche trägt. Vor einem Geschäft steht eine noch recht junge Mutter in einem Trainingsanzug mit Kinderkarre. Darin ein etwa zweijähriger Junge. Während die Mutter auf ihr Smartphone tippt, wandern die Augen des Kleinen mit der Verkleideten mit. Als sie schon vorbei ist, reißt er einen Arm hoch, deutet ihr nach, ruft: „Dino!“ Die Mutter schaut nur kurz auf, senkt den Blick sogleich wieder auf ihr Handy. „Die macht Werbung, Schatzi“, erklärt sie, „für die Politik. Bald sind Wahlen und die Frau ist von einer Partei, die heißt die Grünen.“

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