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Berlin: Fünfzig Jahre Eintauchen in Kreuzberg

Das Prinzenbad feiert Jubiläum. Kein anderes ist den Besuchern so lieb und der Stadt so teuer. Ein Buch zum Geburtstag

In der Sommerbad-Frage verstand „Texas-Willy“ keinen Spaß. Kreuzberg solle zugunsten von Wilmersdorf zurückstehen, statt des Prinzenbads der Bau des Bades am Lochowdamm forciert werden. Das hatte der Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses beschlossen und brachte den Kreuzberger Bürgermeister damit auf die Palme. Willy Kressmann (SPD), der als Ehrenbürger des US-Bundesstaates Texas in der Stadt allgemein als „Texas-Willy“ bekannt war, intervenierte bei seinem Parteifreund und Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter. Deshalb entschied der Senat: Beide Bezirke sollen ihre Sommerbäder bekommen. Am 19. Mai 1956 war es soweit. Während die Wilmersdorfer wegen des kühlen Wetters am Pfingstsonnabend den kollektiven Sprung ins kalte Wasser abbliesen, ließen sich die Kreuzberger nicht schocken und hüpften froh in das nur zwölf Grad warme Wasser.

Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Kein Sommerbad der Stadt hat so viele Besucher, keines so treue Stammgäste und kein anderes war so teuer. Denn die Lage des Prinzenbads zwischen Hochbahn und Landwehrkanal ist ideal, der Grund und Boden waren es nicht. Hier stand einst die englische Gasanstalt.

Weil aber „Texas-Willy“ und die Kreuzberger sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht lange mit den Hinterlassenschaften des Gaswerks aufhielten, wurde aus dem beliebten Bad zu Beginn der 80er Jahre ein Tagebau: der Boden war mit Teer, Zyaniden und Ammoniak verseucht, eine Bodensanierung die Folge. Das Bad wurde bis zu 20 Meter tief ausgebaggert, rund 30 Millionen Mark kosteten die Bauarbeiten. Der 1985 fertiggestellte Neubau kostete noch einmal 8,2 Millionen.

Den Kreuzbergern ist ihr Prinzenbad bis heute lieb und teuer. Was es heißt, das Bad ganz oder teilweise zu sperren, erfuhr der ehemalige Kreuzberger Sportstadtrat Günter König (SPD) im Sommer 1978. Damals musste er ankündigen, dass die Becken des Prinzenbads, wie in anderen Sommerbädern auch, als Trainingsbecken für die Athleten der Schwimm-WM im Olympiastadion dienen und das Bad deshalb geschlossen werden muss. Es hagelte wütenden Protest. Auch das Angebot, einen stündlichen und unentgeltlichen Zubringerbus vom Prinzenbad zum Columbiabad einzurichten und für die Kinder täglich zwei Doppeldecker zum Wannsee und zurück fahren zu lassen, konnte die Kreuzberger nicht beruhigen. Erst die Ankündigung des Organisationskomitees, die Athleten bräuchten nur eins der drei Becken, das Bad könne also zumindest teilweise geöffnet bleiben, entspannte die Situation.

Heute sind es die Bäderbetriebe, die sich mit den Protesten aus dem Prinzenbad auseinander setzen müssen. Die Stammgäste wollen sich seit Jahren nicht damit abfinden, dass die Sommersaison, nicht wie früher Ende September, sondern schon Ende August beendet wird. Mit schöner Regelmäßigkeit gibt es deshalb Protestbriefe.

Doch soweit ist es noch nicht. Am Sonnabend startet das Prinzenbad in seine Jubiläumssaison.

Vom Autor erscheint in diesen Tagen das Buch „Prinzenbad – 50 Jahre Eintauchen in Kreuzberg“ im Verlag an der Spree (114 S., 11,80 Euro, ISBN 3-9809951-4-3)

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