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Berlin: Für Atze ist Erfolg ein Kinderspiel

Die Bühne im Wedding zieht jedes Jahr tausende junge Zuschauer an. Nun startet sie mit zwei Premieren in die neue Spielzeit

Manchmal ist Kindertheater fast schon zu authentisch. „Wenn ihr mal groß seid, werdet ihr bestimmt richtige Schauspieler!“ steht im Gästebuch des Berliner Atze-Theaters. Ein ehrliches, aber unsinniges Lob, denn die Akteure der Weddinger Bühne sind ja längst richtige Schauspieler, Thomas Sutter, der Chef, ist 49. Und doch gehen sie ganz auf in ihren Kinderrollen – das kleine Wunder, das sich immer wieder ereignet, wenn Kinder als Zuschauer ernst genommen werden.

„Atze“ ist, nimmt man nur die Zuschauerzahlen, längst das größte Berliner Kindertheater. 35000 Besucher überwiegend im Grundschulalter kamen im vergangenen Jahr, als die Bühne noch Untermieter war im Max-Beckmann-Saal in der Luxemburger Straße. Seit einigen Monaten ist dieser Saal mit 500 Plätzen die feste Spielstätte des Theaters, das von Thomas Sutter 1985 gegründet wurde und ewig auf Wanderschaft blieb. Heute und am Donnerstag startet „Atze“ mit zwei Premieren in die neue Saison: „Ben liebt Anna“ und „SMS von Wolke 7“.

Sutter wollte immer nur Musik für Kinder machen. Dass er dennoch Theaterintendant geworden ist, liegt einfach daran, dass es keine öffentliche Förderung für Musik gibt, wohl aber für Theater mit Musik. Doch von einem wichtigen Prinzip will er sich nicht verabschieden: „Wir arbeiten nur mit Live-Musik“, sagt er, „wir wollen den Kindern zeigen, dass das noch handgemacht werden kann.“ So teuer, wie es klingt, ist das nicht, denn das Atze-Prinzip gründet auf Grenzüberschreitung: Fast alle Schauspieler fungieren auch als Musiker, wenn sie nicht gerade mit dem Kulissenschieben beschäftigt sind. Allerdings kommen auch so noch rund 40 Mitarbeiter zusammen.

Einer der wichtigsten ist Matthias Witting, ein Grips-erfahrener Musiker, der für das Theater zunächst als musikalischer Leiter arbeitete, sich aber seit etwa zwei Jahren auch als Hausregisseur profiliert – und überdies den Spielplan als Komponist und Autor bereichert. An der heutigen Premiere hat er großen Anteil: Für „Ben liebt Anna“, den Kinderbuchklassiker von Peter Härtling, hat er Musik und Songtexte geschrieben, die Bühnenfassung stammt von Eva Blum, die selbst mitspielt. Beide sind ein erprobtes Team: „Alle Kühe fliegen hoch“, ein weiteres Kinderstück, das sie geschrieben und mit der „Staatspoperette“ auf die Bühne gebracht haben, wurde in diesem Jahr mit dem Berliner Jugendtheaterpreis „Ikarus“ ausgezeichnet. Es steht jetzt wieder mehrfach auf dem Atze-Spielplan.

„Ben liebt Anna“ ist eines der Stücke, bei denen sich Thomas Sutter auf die Resonanz verlassen kann. Klassiker müssen es sein, sagt er, und möglichst lustig. Sein Horror: „Wenn Lehrer untereinander sagen, es sei zwar toll gewesen, aber ein Problemstück, dann geht niemand rein.“ Problemstücke sind derzeit Kassengift, wie Sutter auch als Autor begreifen musste. Seine „Spaghettihochzeit“ fürs Grips, in der es um Scheidung und ihre Folgen geht, war eine glatte Bauchlandung. Und auch das stört ihn 15 Jahre nach der Wende: Lehrer aus Ost-Berlin kommen mit ihren Klassen nicht in den Westen der Stadt, „da kannst du machen, was du willst“. Ein Problem, das auch das Grips-Theater nur zu gut kennt.

Ben und Anna, dargestellt von Michael Meyer und Erika Spalke, erzählen die Geschichte der ersten Liebe, und wie sie sich über allerhand Probleme hinwegsetzt. Anna ist die Neue in der Klasse, sie kommt aus Polen, ist schüchtern, trägt die falschen Klamotten, stößt auf Ablehnung und Neugier. Ben aber fühlt sofort dieses Kribbeln im Bauch... „SMS von Wolke 7“, von Sutter selbst geschrieben, knüpft daran an und erzählt den etwas älteren Kindern (5. bis 7. Klasse), wie es mit dem Kribbeln weitergeht.

Luxemburger Str. 20, Wedding, Tel. 81799188, www.atzeberlin.de. Für die heutige Premiere gibt es noch Karten (8€).

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