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Berlin: Für die gestiegene Mordrate gibt es keine Erklärung

„Man kann nicht erklären, warum mehr Morde geschehen“, seufzte Kriminalbeamtin Heike Rudat. Und jeder Versuch, es doch zu erklären, gleiche dem Blick in die Glaskugel.

„Man kann nicht erklären, warum mehr Morde geschehen“, seufzte Kriminalbeamtin Heike Rudat. Und jeder Versuch, es doch zu erklären, gleiche dem Blick in die Glaskugel. Trotz einer im Vergleich zum Vorjahr gestiegenen Zahl an Tötungsdelikten in der Stadt brauche sich niemand unsicher zu fühlen: „Mörder sind selten Mehrfachtäter.“ Wie berichtet, sind einer internen Polizeistatistik zufolge in den ersten acht Monaten dieses Jahres 63 Morde registriert worden, 20 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Schätzungsweise 95 Prozent aller Tötungsdelikte sind Beziehungstaten: Täter und Opfer kennen sich zumeist. Die Mordermittler beginnen daher ihre Arbeit meist damit, alle Bekannten eines Opfers zu überprüfen. Tötungsdelikte, bei denen das Opfer seinem Mörder zufällig begegnete oder der Bekanntenkreis nicht vollständig ermittelt werden kann, bleiben in der Regel ungeklärt oder werden erst nach langer Zeit und dann oft durch einen Zufall gelöst.

Der Mordfall IlseMaren Graalfs ist auch nach fünf Jahren noch ungeklärt. Es war der Mordkommission bisher nicht möglich, ein Motiv und damit einen Fingerzeig auf den mutmaßlichen Mörder – etwa im Bekanntenkreis der früheren Bauunternehmersgattin – zu finden. Ebenso rätselhaft ist der Tod von Dagmar Piechowski. Sie wurde im Juli auf dem Friedhof an der Kreuzberger Lilienthalstraße erstochen. Hier vermutet die Polizei einen geistig verwirrten Mann als Täter – wobei die Tötung von Dagmar Piechowski streng juristisch betrachtet nicht unbedingt ein Mord sein muss. Die Justiz unterscheidet sehr genau zwischen Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge, was sich auf das Strafmaß für den Täter auswirkt.

Ein Mord wird nach bestimmten Kriterien definiert: Heimtücke beispielsweise, planmäßiges Vorgehen des Täters oder niedere Beweggründe. Diese können Habgier sein – wie beim Raubmord oder die Befriedigung des Geschlechtstriebs bei einem Sexualmord. Und weil diese Trennung auch für Polizisten nicht immer einfach ist, gibt es zwischen den Mordkommissionen und den örtlichen Kripodienststellen häufig Diskussionen darüber, wer in welchen Todesfällen ermittelt. „Sofern nicht das Messer in der Leiche steckt, kann es sich auch um gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge handeln. Dafür wäre die Mordkommission nicht in erster Linie zuständig“, sagte Heike Rudat vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. So ist es möglich, aber aus dem Zahlenwerk nicht erkennbar, dass ein Fall, der als Mord in die Statistik einging, gar kein Mord war. weso

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