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Berlin: Für die Haftanstalt in den Schuldenturm

Private Finanzierung eines Gefängnisbaus löst in der SPD Kritik aus: Lasten werden in die Zukunft vertagt

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Öffentliche Bauvorhaben mit privater Beteiligung stoßen in der Berliner SPD zunehmend auf Widerstand. Aktueller Anstoß für die innerparteiliche Diskussion ist der Neubau einer Haftanstalt in Großbeeren für 650 Gefangene. Das wird 79,4 Millionen Euro kosten. Im Landeshaushalt stehen bisher aber nur 21,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Justizverwaltung will deshalb privates Geld mobilisieren, Finanzsenator Thilo Sarrazin hat nichts dagegen. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung soll klären, ob in diesem Fall eine „Public Private Partnership“ (PPP) sinnvoll ist.

Der linke SPD-Flügel, der im Landesverband die Mehrheit hat, hält davon nicht viel. An die Spitze der Bewegung hat sich der frühere Landeschef der Freien Demokraten, Martin Matz, gestellt. Der gelernte Bankkaufmann ist seit einem Jahr Sozialdemokrat. In einem Diskussionspapier, das im SPD-Landesverband kursiert und den Parteitag am 1. April beschäftigen wird, warnt Matz vor den Risiken solcher Projekte: „Öffentlich-private Partnerschaften binden Haushalte meistens über Jahrzehnte, mit langfristigen Risiken wie etwa der Insolvenz des privaten Vertragspartners“. Und es bestehe die Gefahr, dass finanzielle Lasten in die Zukunft verschoben würden. Die Einbindung privater Bauträger oder Finanziers mache es leichter, Verschuldungsgrenzen zu umgehen. Außerdem werde, so Matz, die Korruptionsbekämpfung erschwert, weil die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Sektor verschwimmen.

Trotzdem gibt es bundesweit seit 2003/04 einen Boom; vor allem in größeren Kommunen gelten Public-Private -Partnerschaften als eine Wunderwaffe gegen leere Kassen. Sie erwarten „Effizienzsteigerungen und Beschleunigungswirkungen“, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik. Diese Erwartungen würden „in aller Regel“ auch erfüllt. Allerdings werde gern vernachlässigt, dass PPP-Projekte meistens hohe Betriebsausgaben nach sich ziehen, „die teilweise deutlich höher sind als die Investitionskosten“.

Berlin hat nach Meinung des SPD-Finanzexperten Matz mit öffentlich-privaten Projekten schlechte Erfahrungen gemacht. Als Beispiele nennt er die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe, den sozialen Wohnungsbau, das Olympiastadion und den Steglitzer Kreisel. Auch der Versuch des Bezirks Mitte, die Straßenbeleuchtung einem privaten Dienstleister zu übergeben, sei missglückt. „Große Vorsicht“ sei auch bei der Sanierung von Opern oder Schulgebäuden mit Hilfe privater Unternehmen angezeigt. Es gebe entsprechende „Überlegungen einzelner Senatsverwaltungen“.

Schon in den Neunzigerjahren gab es Debatten über privat finanzierte öffentliche Bauvorhaben. In Messehallen, ein Krematorium, eine Jugendhaftanstalt und andere Bauten wurden mit fremder Hilfe 1,1 Milliarden Euro gepumpt. Zins und Tilgung belasten den Landeshaushalt bis ins Jahr 2031. Im Antrag für den SPD-Parteitag wird der Senat aufgefordert, dieser „ Modewelle mit Skepsis und sorgfältiger Einzelfallprüfung zu begegnen“.

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