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Berlin: Für die Sportstadt hängt die Latte oft zu hoch

Berlin hat sich schon mehrfach um hochkarätige Wettkämpfe beworben – und ist fast ebenso häufig gescheitert. Nun auch mit der Handball-WM

Pleiten, Pech und Pannen: Deutschland und mit ihr die Sportstadt Berlin sind bei der Bewerbung um ein Großereignis wieder einmal leer ausgegangen. Die Handball-WM 2005 wird, wie berichtet, nun nicht in deutschen Arenen angepfiffen, sondern unter der südlichen Sonne Tunesiens. Doch das war nicht das einzige Mal in jüngster Vergangenheit, dass Berlin als Bewerber vom Feld gestellt wurde. Hier ein Überblick – schauen wir zunächst in die aktuellste Bewerbungsmappe.

Handball-WM 2005? Auszeit für Berlin. Dabei hatte alles so gut angefangen. Noch nie sei eine Bewerbung so professionell und fundiert gewesen, sagt Henning Opitz – und er, Präsident des Handballverbandes Berlin und Mitglied des Erweiterten Präsidiums des Deutschen Handballbundes, ist seit 1972 im Profigeschäft. Bundespräsident Rau und Kanzler Schröder, Beckenbauer und Franzi-Freund Stefan Kretzschmar hatten das Ansinnen öffentlichkeitswirksam unterstützt. Die Max-Schmeling-Halle wäre mit ihren 7250 Sitz- und 1200 Stehplätzen während der Vorrunden und beim Eröffnungsspiel sicher voll geworden – schließlich war sie auch 1997 an den beiden Tagen der Frauen-WM ausverkauft. Dass damals ein Berliner im Vollrausch zwei dänische Fans erstach, davon sprach keiner mehr im Auswahlkomitee. Wohl aber von den frenetischen tunesischen Fans – und den Möglichkeiten sportlicher Entwicklungshilfe. So bleibt auch das Endspiel in der „Arena Auf Schalke“ in Gelsenkirchen vor knapp 40 000 Zuschauern Zukunftsmusik. Im Jahr 2006 will Berlin mit der Anschutz-Arena am Ostbahnhof immerhin eine Großsporthalle mit 16 000 Plätzen bieten können – gut genug für eine potenzielle Handball-WM 2007?

Handball-Absage, die Zweite. Keine WM 2005 in Berlin, und auch keine Junioren-Europameisterschaft 2003. Hier hatte der Handballbund mit seinem alleinigen Austragungsort Berlin gegenüber der Osteuropa-Lobby das Nachsehen. Die Abstimmung ging kürzlich 23:20 aus – für die Slowakei.

Leichtathletik-WM: Berlin nicht dabei.

Das Ganze begann mit einem peinlichen Fehler. Der Berliner oder der Deutsche Leichtathletikverband – noch immer ist nicht geklärt, wer von beiden die Bewerbungsfrist für die WM 2005 verpennte. London gewann, musste aber mangels Stadien zurückgeben. Auch diese Chance konnten die Berliner nicht nutzen, obwohl der Bundeskanzler höchstpersönlich die Muskeln spielen ließ. „The winner“ hieß: Helsinki. Berlin präsentierte zwar Insidern zufolge die beste Bewerbung. Doch ein rätselhaftes Fax aus der Zentrale des bankrotten „Istaf“ an die Nachrichtenagentur Reuters mit Vorwürfen gegen die angeblich untätige Politik und Wirtschaft trübte die Stimmung. Genauso wie der offensichtlich kontraproduktive Vortrag vom Vorsitzenden des Leichtathletik-Verbandes in bemühtem Englisch. Eine neue Bewerbung für 2009 ist laut Landessportbund-Sprecher Dietmar Bothe aber wahrscheinlich.

Olympia 2000? Nichts als heiße Luft. Erinnern Sie sich noch? Olympia-Resistenz der Linken, Sexdossiers über IOC-Mitglieder, Dressman-Skandal des Olympia-Managers Lutz Grüttke – und Nachfolger Nawrocki schadete sich und der Stadt mit seiner Dienstwagenaffäre. Schließlich waren nach dem Scheitern der Bewerbung gar wichtige Akten verschwunden. Peinlich. Auf eine erneute Bewerbung 2012 verzichtete das Land aus Geldgründen. Jetzt wird 2016 diskutiert.

Worldcup-Reiten: Berlin auf der Kippe. Mit Berlin waren Roß und Reiter beim CHI-Turnier unzufrieden: das Velodrom – zu eng. In den Messehallen unterm Funkturm fühlten sie sich jetzt wohler. Ob Berlin seinen Worldcup-Status an Leipzig verliert, entscheidet sich im April 2003 in Las Vegas.

Wo die Stadt sonst noch leer ausging? 2001 gab es keine Eishockey-WM in Berlin. Aus der Traum vom Medienzentrum für die Fußball-WM 2006: Das entsteht in München. Doch es gibt auch etwas zum Trost: etwa den jährlichen Kurzbahn-Worldcup, die Fußball-WM 2006, die Volleyball-WM der Herren 2003 und das Deutsche Turnfest zur Olympiastadion-Eröffnung 2005.

Annette Kögel

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