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Berlin: Für Platzeck ist die Nachwendezeit vorbei

In seiner ersten Regierungserklärung fordert der Ministerpräsident mehr Mut und Selbstbewusstsein

Potsdam. In seiner ersten Regierungserklärung forderte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch „neuen Mut und neues Selbstbewusstsein“ der Ostdeutschen – die Nachwendezeit sei aus seiner Sicht zu Ende. Gleichzeitig kündigte Platzeck an, die Milliardenlöcher in der Staatskasse abzubauen. Dazu müssten von den derzeit rund 60000 Stellen im Landesdienst bis 2006 „mindestens 9300 Stellen“ abgebaut werden.

Platzeck schloss Reduzierungen bei Weihnachtsgeld und Sonderzulagen sowie betriebsbedingte Kündigungen nicht aus. „Die Lage ist hoch dramatisch", sagte der Regierungschef. „Auf dem Spiel steht die Handlungsfähigkeit Brandenburgs und nicht weniger als unsere politische Selbstständigkeit.“ Es seien „Einschnitte in wichtige Politikfelder“ nötig, die der Regierungschef trotz des 1,5-Milliarden-Euro-Lochs in den Haushalten 2002 und 2003 nicht konkret benannte. Dafür wurde er gerügt: „Sie schweigen weiter. Allein mit Verbreiten guter Stimmung ist das Land nicht voranzubringen", sagte PDS-Oppositionsführer Lothar Bisky, der Platzecks Rede „zu philosophisch, inhaltlich dürftig und enttäuschend“ fand. Trotz der langen Vorbereitungszeit sei Platzeck konkrete Antworten schuldig geblieben. Weder gebe es eine Strategie zur Konsolidierung des Landeshaushaltes, noch gegen die Abwanderung aus den Randregionen. Dass die Große Koalition mit Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß bereits das sechste Mitglied der zehnköpfigen Regierungsmannschaft von 1999 verloren habe, spreche Bände. „Meinen Sie wirklich, Sie wären mit dieser Mannschaft zukunftsfähig", fragte Bisky. Er kritisierte auch, Brandenburg weiter deutsches Schlusslicht bei den Hochschulausgaben sei, was im Widerspruch zu Platzecks Zielen in der Wissenschafts- und Bildungspolitik stehe.

Platzeck hatte erklärt, dass er bei der Modernisierung Brandenburgs vor allem auf Wissenschaft und Bildung setzen will. Dazu gehöre, das bewährte System der Kindertagesstätten, das „vorbildlich für ganz Deutschland“ sei, aufrechtzuerhalten. Zugleich bekannte sich Platzeck zum geplanten Flughafen Berlin-Brandenburg und zur Fusion von Berlin und Brandenburg „noch in diesem Jahrzehnt“. Die erfordere jedoch einen Stimmungswandel. Der Regierungschef sicherte den unter Abwanderung und hoher Arbeitslosigkeit leidenden Randregionen Brandenburgs weitere Unterstützung zu, ohne dies zu präzisieren. Die Landesregierung werde das „Auseinander fallen das Landes in ein dynamisches Zentrum und eine zurückbleibende Peripherie nicht hinnehmen.“

CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger lobte die Platzeck-Erklärung als „Visitenkarte“ der Großen Koalition. Die Union hatte im Vorfeld aber auf konkretere Aussagen – auch über unpopuläre Einschnitte – gedrängt, sich aber nicht durchsetzen können. Auf die Erklärung Platzecks gab es im Landtag verhaltenen Beifall: 20 Sekunden.

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