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Berlin: Fürst für eine Nacht

Ein exklusives Landversteck bietet Platz für Hochzeiten nach britischen Vorbildern

Feuerwerk über Schloss Klessen. Auf der Terrasse stehen etwa 70 Menschen in Abendgarderobe, blicken den bunten Funken nach und versuchen, mit Ribbeckschem Birnengeist der Kälte zu trotzen. Vor dem Schloss ordnet ein Meer von Kerzen den Verkehr der PhaetonLimousinen, die die Gäste der ersten Gutsherrentafel aus Berlin gebracht haben. Mittendrin steht überaus malerisch ein kleiner angeleuchteter Rapunzelturm.

Brandenburg kann in einer dunklen Januarnacht ganz romantisch und exklusiv sein. In der Bibliothek brennt vor Regalen mit Werken zur Geschichte der Mark ein Kaminfeuer, im Speisesaal biegen sich Tafeln unter Etageren mit Perlhuhngalantine, Wachtelterrine, Riesengarnelen auf Gelee von grünen Äpfeln. Der Blumenschmuck ist wildromantisch: Sträuße aus Hyazinthen, weißen Tulpen, blassroten Lilien. Dazu Flötenspiel.

Als der Berliner Unternehmer Hans-Jürgen Thiedig das Schloss Anfang 1995 kaufte, hatte er nach langer Suche in diesen Wänden das entscheidende Raunen gehört, welches das Lachen der Vergangenheit mit dem Gläserklirren der Zukunft vereinte. Dass dann ein paar Eimer Farbe nicht reichten, um aus dem Gebäude, das zu DDR-Zeiten langsam verfiel, eine wohnliche Residenz zu machen, davon kündet die obligatorische Ausstellung mit Vorher-Nachher-Fotos. Schließlich habe die Restaurierung Millionen gekostet, sagt er. Weil er ein anglophiler Mensch ist, hat er dann ein Konzept kopiert, mit dem sich englische Landadelige über Wasser halten, wenn ihre Gemäuer Geld fressen wie Heu. Sie stellen ihre Schlösser für Familienfeste, Tagungen und Kulturveranstaltungen zur Verfügung.

So können sich Gastgeber dort tageweise wie Schlossherren fühlen. Es soll Berlinern und Reisenden „ein verschwiegenes Refugium im Grünen“ bieten, wünscht sich Daniela Sauter, Chefin des Hotels Brandenburger Hof, dessen Küche hier künftig brandenburgischen Produkten den fürstlichen Touch geben wird. Tafelrunden im Zeichen von Kultur, Wirtschaft oder Familie sollen sich aber nicht nur auf exklusive und historische Delikatessen freuen, sondern auch „auf den niemals vergessenen Apfelkuchen aus Mutters Backstube“. Daniela Sauter träumt schon vom Sommer, wenn sie englische Picknicks im Park arrangieren, Stubenküken und Schokoladenbirnen auf bunt karierten Decken servieren will.

Die Idylle hat ihren Preis. Es dauert mindestens eine gute Stunde, bis man draußen ist, und wenn man seine Gäste mit Birnengeist und Champagner bewirtet, muss man ihnen wohl auch chauffierten Transport bieten. Hotelzimmer gibt es (noch) nicht, dafür demnächst aber ein Spielzeugmuseum. Tafelgäste müssen einem Schlossherren auf Zeit mindestens 238 Euro wert sein, Picknicks gibt’s ab 165 Euro. Gegen ein Veto des Hausherren werden Veranstaltungen nicht akzeptiert. Eine gute Tankfüllung Savoir Vivre ist allerdings im Preis inbegriffen. Bi

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