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Berlin: Fundgrube Fundus

Friedrichstadtpalast leerte zum 11.11. seinen Speicher

Katrin Wagner ist eine der Ersten: Um halb zwölf dreht sie sich mit einem Schlangenleder und Federn geschmückten Hut vor dem Spiegel . „Ich suche etwas für meine Geburtstagsparty“, sagt die 29-Jährige und greift zum nächsten Stück, eine Art Beduinenturban mit einer merkwürdigen Plastikkugel oben drauf.

Pünktlich zum Beginn der Karnevalssaison um 11.11 Uhr hat der Friedrichstadtpalast den Kostümverkauf in der Kalkscheune gegenüber des Bühneneingangs eröffnet. Und damit es zwischen den Kleiderstangen mit rund tausend verschiedenen Kostümen und Accessoires nicht zu eng wird, dürfen die Kauflustigen nur schubweise hinein. Um die Mittagszeit ist die Schlange vor dem Eingang bis zu fünfzig Meter lang. Etliche Büroangestellte der Umgebung nutzen die Mittagspause, um sich für die nächste Verkleidungsparty einzudecken.

Die größte Sorge vieler Kunden ist die Größe der Kostüme, denn Anprobieren und Umtausch sind nicht möglich. „Hoffentlich sind das nicht nur so enge Teile von den Revuedamen“, fürchtet die 28-jährige Elisa Stehr, die mit ihrer Freundin ungeduldig vor dem Eingang wartet. Tatsächlich braucht es für die meisten Anzüge schon eine sehr athletische Figur. Besonders die Männer werden enttäuscht. „Das ist hier alles viel zu klein“, stöhnt ein Kunde und nimmt sich erstmal einen der Berliner Pfannkuchen, die sich in einer Hundertschaft neben dem Tresen stapeln. Die sollen den Einkauf versüßen und sind umsonst.

Tänzer Fransisco Sanchez hat sich mit seinem Ensemble schon um halb zehn vor den Eingang gestellt. Jetzt kauft er groß ein: Rund zwei Dutzend Kostüme aus der „Hexen“-Revue vom vergangenen Jahr schafft er in einen alten Kombi. Wofür die gebraucht werden, will er nicht verraten. Ob es Mengenrabatt gebe, will einer seiner Leute wissen. „Wir handeln nicht“, stellt Kostümdirektorin Anja Diefenbach klar. Schließlich sei das Angebot billig genug. Keines der in Handarbeit genähten Teile kostet nämlich mehr als 150 Euro. „Dreihundert Vorstellungen haben die Kostüme ausgehalten. Sehen Sie nicht aus wie neu?“, begeistert sich die 33-Jährige für die Qualität eines Stepkostüms mit Karomuster. 120 Stunden hätten die Schneiderinnen daran genäht, nun geht es für hundert Euro in Privatbesitz über.

Klaus Völker ist aus Steglitz angereist, um für seine Frau eine neue Maskerade zu erstehen. „Ich gehe schon seit Jahren als Fred Feuerstein, aber die Frauen brauchen ja immer was Neues“, sagt der begeisterte Karnevalsanhänger und geht mit einem Kleid im Look einer preußischen Gardeuniform zur Kasse. Seine eigene Montur hat er aus Fellen zusammen nähen lassen. Die passende Keule hat er schon zu Hause.

Christine Berger

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