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Berlin: Funkhaus: Neue Pläne und Altlasten

Mieter in Nalepastraße fürchten höhere Kosten

An der Einfahrt wacht kein finsterer Bodybuilder mehr, sondern ein freundlicher Pförtner. Der Rasen ist gemäht und die Wildnis der Sträucher gezähmt. Sonst hat sich wenig verändert auf dem Gelände des früheren DDR-Funkhauses an der Nalepastraße in Köpenick – zumindest dem äußeren Anschein nach. Doch hinter den Kulissen bewegt sich einiges.

Vor knapp einem halben Jahr hat der Projektentwickler Albert Ben-David von der internationalen Investorengruppe Keshet das Kerngelände am Ufer der Spree gekauft – mit den denkmalgeschützten Büro- und Studiogebäuden, in denen sich einige kleine Medien- und Musikfirmen befinden und sehr viele leere Räume. Prominentester Mieter ist noch das Filmorchester Babelsberg, das allerdings demnächst ausziehen wird. Sonst sind keine spektakulären Neuzugänge bekannt. Dafür zittern die alteingesessenen Mieter: „Hier sind Warmmieten von zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter im Gespräch“, berichtet einer. „Das ist fast dreimal so viel wie früher. Klar waren die alten Mieten extrem niedrig. Aber genau deshalb sind ja viele hier.“

Bis zum Jahreswechsel wollte der neue Eigentümer die Mietverträge neu ausgehandelt haben – was ihm offenbar nur teilweise gelungen ist. Viele Mieter haben nicht unterschrieben. „Die Euphorie hat sich gelegt“, sagt einer vorsichtig. Ein anderer berichtet, dass fragwürdige Klauseln etwa zu Mahngebühren in den neuen Verträgen stehen sollten. Nun hoffen sie einerseits, dass der Kapitalismus nicht mit voller Wucht über ihr früher staatseigenes Domizil hereinbricht, und andererseits auf den wirtschaftlichen Erfolg von Ben-David. Der ist oft auf dem Gelände, in einem der wenigen Räume, in denen die Fenster nicht blind oder gesprungen und die Rahmen nicht von einer graugrünen Schicht überzogen sind. Für den Moment lässt er nur ausrichten, dass er große Pläne habe und demnächst mehr verraten wolle.

Das augenfälligste Novum auf dem riesigen Gelände ist ein Maschendrahtzaun. Er trennt jenen Teil ab, der noch von Leuten aus dem Dunstkreis des zwischenzeitlichen Besitzers gehalten wird – jenes Baumaschinenhändlers aus Sachsen-Anhalt, der allein den denkmalgeschützten Teil für 3,9 Millionen an die Investoren um Ben-David weiterverkauft hat, nachdem es ihm die öffentliche Hand zuvor im Ganzen für nur 350 000 Euro verhökert hatte. Wegen einer Schlamperei der Verwaltung – namentlich der Liegenschaftsgesellschaft „Limsa“ in Sachsen- Anhalt – dürfte selbst dieser Schnäppchenpreis demnächst halbiert werden: So war es im Kaufvertrag vereinbart für den Fall, dass ein noch vorhandener Grundbucheintrag eines früheren Interessenten nicht rechtzeitig gelöscht würde. Die Frist dafür sei mit drei Monaten von vornherein knapp bemessen gewesen und schließlich um etwa zwei Wochen überzogen worden, sagt Anwalt Dirk Streifler. Er vertrat die Firma auch bei der Gerichtsverhandlung um die Betriebskosten, die die neuen Länder und Berlin als Vorbesitzer einfach weiter gezahlt hatten und später einklagten. Statt der geforderten 528 000 Euro einigte man sich auf 260 000 Euro. Dem müssen die Länder allerdings noch zustimmen. In Sachsen und Sachsen-Anhalt soll diese Frage demnächst die Landesparlamente beschäftigen. obs

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