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Berlin: Furcht vor schlechten Noten fürs Olympiastadion

Irritiert hat der Senat auf eine Meldung der Stiftung Warentest reagiert, die bei einer bundesweiten Inspektion der Fußballstadien für die WM 2006 „teilweise beträchtliche Mängel“ festgestellt haben will. Diese könnten laut Stiftung Warentest im Falle einer Panik „verheerende Folgen“ haben.

Irritiert hat der Senat auf eine Meldung der Stiftung Warentest reagiert, die bei einer bundesweiten Inspektion der Fußballstadien für die WM 2006 „teilweise beträchtliche Mängel“ festgestellt haben will. Diese könnten laut Stiftung Warentest im Falle einer Panik „verheerende Folgen“ haben. Auch das Berliner Olympiastadion soll in der Studie in die Kritik geraten sein. „Wir haben den Bericht nicht einmal gesehen. Wir fragen uns: Warum werden wir überhaupt nicht gefragt, obwohl wir den Umbau fünf Jahre geleitet haben?“, sagte der zuständige Projektleiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Andreas Berr. Stadionmanager Peter von Löbbecke warf der Stiftung „populistische Panikmache“ vor.

Eigentlich sollte die Studie erst am 19. Januar vorgestellt werden. Angesichts der Kritik und Mahnung zur Eile gab die Stiftung gestern bekannt, ihre Ergebnisse schon heute zu präsentieren. Zu den Inhalten wollte sie keine Angaben machen, blieb aber bei ihrer vorab in Kürze verbreiteten Darstellung.

Wie berichtet, haben die Tester seit August vergangenen Jahres die WM-Stadien auf ihre Sicherheit überprüft. In Berlin sollen die Tester vor allem den zwei Meter tiefen Reportergraben kritisieren, der die Zuschauer vom Spielfeld trennt. Im Ernstfall wäre dieser ein schwer überwindbares Hindernis für die Zuschauer. Bereits im Sommer 1988, anlässlich der Europameisterschaft in Deutschland, bemängelten die Tester in einer ähnlichen Studie den Graben. Das Olympiastadion landete damals zwar bundesweit auf dem dritten Platz, erhielt die Note „gut“ jedoch mit einem Sternchen: „Im Falle einer Panik keine bzw. erschwerte Fluchtmöglichkeiten oder aber Sturzgefahr.“

Das Stadionmanagement verweist auf die Übungen des Technischen Hilfswerks, bei denen der Bau von provisorischen Brücken über den Graben erprobt wurde. Während der WM sollen vier davon am Marathontor bereit stehen. Bei den alljährlichen DFB-Pokalfinals im Stadion ist dies nicht üblich. Selbst der Weltverband Fifa hat in seinen Sicherheitschecks den Reportergraben im Stadion nicht als gefährlich eingestuft – im Gegenteil: Im Pflichtenheft der WM werden Gräben als mögliche Barriere für Fans vorgeschrieben, damit sie nicht aufs Spielfeld rennen. Bemängelt wurde jedoch, dass der Aufbau dieser Brücken acht Minuten dauerte – bei Panik eine unerträgliche Zeit.

Stiftung Warentest war drei Tage im direkten Gespräch mit den Stadionbetreibern. „Ich habe ihnen sogar den Generalschlüssel gegeben “, sagt der technische Stadiondirektor, Detlef Reichenbacher. „Wer rechnet denn mit so einer dramatischen Pointierung?“ Die Warentester sollen auch die kantigen Treppengeländer kritisieren, die aus Denkmalschutzgründen nicht verändert werden durften.

Die Warentester achteten auch auf die Einsatzmöglichkeiten von Feuerwehr und Polizei. 34 Kameras sind im Stadion installiert, fast 1000 Fluchtwegschilder befestigt, in den Räumen befänden sich überall Sprinkleranlagen, sagt Manager von Löbbecke. Er wirft den Testern vor, sich über die gesetzlichen Bestimmungen der Behörden hinwegzusetzen.

André Görke

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