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Läuft mäßig. Fußgänger sind die größte Gruppe unter den Berlinern Verkehrsteilnehmern – und die schwächste.

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Verkehr in Berlin: Neue Initiative soll Fußgänger besser schützen

Lange Wartezeiten an Ampeln, tückische Zebrastreifen: Nicht alles läuft rund für Fußgänger in Berlin. Vorbild für den Schutz vor Autos und Radfahrern könnte die Schweiz sein.

Zürich zeigt’s: In der vergleichsweise kleinen Stadt in der Schweiz gibt es 2500 Zebrastreifen, die Fußgängern das Überqueren von Straßen erleichtern. Hinzu kommen weitere 1500 ampelgesicherte Streifen. Im großen Berlin freut sich der Senat, dass es Ende des Jahres den 500. mit Zebrastreifen gesicherten Übergang geben wird. Schon vor Jahren hat Berlin eine Fußgängerstrategie entwickelt, die Schritt für Schritt umgesetzt werde, wie Staatssekretär Christian Gaebler am Montag sagte. Und immerhin: Die Stadt war jetzt Gastgeber der ersten bundesweiten Initiative zur strategischen Förderung kommunaler Fußverkehrsstrategien.

Die meisten Wege werden zwar zu Fuß bewältigt, in Berlin beträgt der Anteil mehr als 30 Prozent, doch bisher stehen die schwächsten Verkehrsteilnehmer nicht im Mittelpunkt. Die Initiative wolle bis 2018, unterstützt vom Umweltbundesamt und dem Bundesbauministerium, einen Handlungsleitfaden zur Förderung des Fußverkehrs erstellen, sagte der Mitinitiator Bernd Herzog-Schlagk vom Verein FUSS.

Radfahrer stoppen häufig nicht an Zebrastreifen

Nach seinen Erfahrungen werden Zebrastreifen inzwischen von den meisten Autofahrern akzeptiert. Sie gewährten den Fußgängern, wie vorgeschrieben, in der Regel den Vorrang. Anders sehe es bei Radfahrern aus, fügte Gaebler hinzu. Sie würden häufig munter weiterstrampeln, ohne zu stoppen und Fußgänger gefährden.

Ein weiterer Knackpunkt im Alltag der Fußgänger sind Ampelschaltungen, die zu langen Wartezeiten führen. In Berlin dauert es in der Regel 70 Sekunden, bis ein sogenannter Ampelumlauf mit allen Schaltphasen abgeschlossen ist. Die Grünphase für Fußgänger sei in der Regel kurz, gab der Staatssekretär zu. Würde man sie verlängern, erhöhe sich aber die Wartezeit zwischen den Grünphasen.

Konflikte mit Autofahrern, die nach dem Umschaltern der Fußgängerampel auf Rot Passanten bedrängen, die noch auf der Straße sind, wollte man mit speziellen Zeichen entschärfen, die zeigen, wie lang die Grünphase noch dauert. Bisher ist es beim Versuch geblieben. Einmalig in Berlin ist auch das Rundumgrün für Fußgänger geblieben, wie es an der Kreuzung Friedrichstraße/Kochstraße gilt. Es ermöglicht Fußgängern, bei Grün in alle Richtungen zu gehen; verlängert aber wiederum die Wartezeiten gegenüber herkömmlichen Anlagen.

Dabei könnten auch schon kleine Schritte das Überqueren von Straßen erleichtern, ist Thomas Schweizer, Geschäftsführer von Fußverkehr Schweiz, überzeugt. Ragt ein Gehweg abschnittsweise in die Fahrbahn hinein, Gehwegnase genannt, seien Fußgänger dort deutlicher zu sehen, als wenn sie versuchten, hinter parkenden Autos eine Lücke im Verkehr zu finden. Auffallend für den Schweizer in Berlin war nach seinen Angaben, dass die wenigsten Autofahrer für einen Fußgänger anhalten, wenn dieser die Straße ohne Ampel oder Zebrastreifen überqueren wolle.

Mehr Platz für Fußgänger

Zürich hat aber nicht nur mehr Zebrastreifen als Berlin. In der Stadt der Banken haben die Fußgänger insgesamt mehr Platz erhalten. Aus der Innenstadt ist der Autoverkehr weitgehend verbannt; selbst Straßen, auf denen früher täglich rund 20.000 Autos gefahren waren, habe man zu Fußgängerbereichen gemacht, sagte Schweizer.

Wichtig sei es, Plätze zu schaffen, auf denen sich Fußgänger wohl fühlten, sagte Dieter Schwab vom Österreichischen Verein für Fußgänger. Als er in Berlin am Potsdamer Platz war, habe er sich angesichts der breiten Straßen gefragt: „Und wo ist hier denn der Platz?“ Raum für Fußgänger will Berlin mit sogenannten Begegnungszonen schaffen. Der erste Versuch mit der Maaßenstraße in Schöneberg ist allerdings umstritten.

Ein Problem für Fußgänger sind auch die zum Teil maroden Gehwege, die oft zu Stolperfallen werden. Ausgebessert werden sie unter anderem mit Geld aus dem Schlaglochprogramm, sagte Gaebler. Und weil das Füllen der Löcher auf der Fahrbahn wegen der langsamen Arbeit der Verkehrslenkung Berlin (VLB), die die Arbeiten genehmigen muss, häufig nicht vorankommt, hätten Bezirke stattdessen Gehwege saniert.

„Sehr zufrieden“ mit der allgemeinen Situation für Fußgänger waren bei einer Befragung 2011/12 nur zwölf Prozent der Teilnehmer. „Zufrieden“ waren 42 Prozent. Elf Prozent waren „unzufrieden“ und sechs Prozent waren „völlig unzufrieden“. Insgesamt stellt das Land jährlich mehr als 3,2 Millionen Euro für die „Förderung des Fußverkehrs“ bereit. Unter anderem auch für das Absenken von hohen Bordsteinen. 500 solcher Maßnahmen hat man seit 2012 geschafft. Auch weitere Zebrastreifen solle es geben, kündigte Gaebler an. So viele wie in Zürich würden es aber nie werden.

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