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Berliner Weise. Harald Juhnke, mit Hut und Kaltgetränk.

© dpa

Gala im Wintergarten in Berlin-Tiergarten: Heute ein Hoch auf Harald Juhnke!

Im Wintergarten an der Potsdamer Straße hatte Harald Juhnke seinen letzten Auftritt. Zehn Jahre nach seinem Tod ehrten ihn Freunde und Kollegen mit einer großen Gala.

Seine Definition von Glück ist ebenso legendär wie tragisch: Keine Termine und leicht einen sitzen – so hatte es Harald Juhnke nach eigner Aussage am liebsten. Dass er letztlich gerade ohne Termine am unglücklichsten war und allzu häufig allzu sehr einen sitzen hatte, gehört zur Ironie seines Lebens. Und trotzdem ist gerade jener Juhnke-Satz noch heute, zehn Jahre nach dem Tod des Entertainers - Juhnke starb am 1. April 2005 im Alter von 75 Jahren - , vielzitiert: weil er fürs Lebensgefühl dieses Lebemanns steht, den die Berliner vielleicht gerade deswegen so liebten, weil er so war wie die Stadt selbst: Schnodderig, unperfekt, genial. Und so lud der Wintergarten an der Potsdamer Straße am Dienstagabend zur großen Gala. Und relativierte damit noch einen Satz Juhnkes einmal mehr: „Sobald du keinen Erfolg mehr hast, weiß keiner mehr, wie du eigentlich heißt“, hatte er einst gesagt. Denkste Harald!

Juhnke starb am 1. April 2005

Jedes Kind in Berlin kannte ihn zu Lebzeiten, und keines wäre darauf gekommen, den Harald zu siezen. Bei Dreharbeiten in Moabit vor zwanzig Jahren umkreisten sie ihn vorsichtig, fragten „Ist das nicht der Harald?“ Bald gab es kein Halten mehr. „Könn ’wa mal ’n Foto machen?“ oder „Kannste mal ins Ringbuch schreiben?“. So einer wird nicht einfach vergessen. Der Harald war als Mensch ein Phänomen wie der Juhnke als Schauspieler. Er war so sehr Berlin, wie man es damals sein konnte. Heute wäre diese familiäre Vertrautheit nicht mehr denkbar zu dem Ur-Weddinger, der zwischen Genie und Abgrund zerrissen, gar keine Hemmungen hatte, seine Schattenseiten in die Öffentlichkeit zu tragen. Über sich selbst sprach Harald Juhnke gern in Zitaten. Dieses hier zum Beispiel fand er gut und richtig: „Der Harald sündigt für uns alle.“ Seine Abstürze waren legendär. Wenn er sich mal wieder mit ausreichenden Champagnervorräten und einem jungen Mädchen ins Luxushotel zurückzog, machte die Boulevardpresse da eine Reality Show draus, lange bevor das Format fürs Fernsehen erfunden war.

Wieder ernüchtert, war er regelmäßig zerknirscht, und auch dafür liebte ihn das Publikum, sobald er wieder aufgestanden war, wollten alle Harald, den Geretteten sehen. Allein die Art, wie er das Wort „Sünde“ verwendete, hatte auch etwas ewig Kindliches.

Er blickte selbstbewusst auf seine Herkunft und sprach grundsätzlich in schlichten, allgemeinverständlichen Sätzen. Dass er für die Großeltern immer der Lieblingsenkel war, hatte er zum Beispiel daran erkannt, „dass ich immer die meisten Geschenke bekommen habe“. Das volkstümliche Auftreten paarte sich auch sonst mit gesundem Selbstbewusstsein: „Also ich bin ja selbst schon ein richtiges Aushängeschild. Wie die Gedächtniskirche“, sagte er mal.

Der Junge aus dem Wedding wollte immer „raus den Klatschspalten und endlich rein ins Feuilleton“. Das gelang ihm auch mit Boulevard-Theatererfolgen am Kurfürstendamm oder mit Molière und O’Neill am Berliner Renaissance-Theater. Unermüdlich eiferte er seinem großen Vorbild Frank Sinatra nach. Wo an Harald Juhnke gedacht wird, darf der Song „I did it my Way“ nicht fehlen. Im Wintergarten allerdings nur als Einspieler im Programm – da traute sich dann wohl doch niemand ran. Überhaupt war die Show eine Mischung aus Live-Auftritten und Erinnerungen vom Band: Ausschnitte von „Ein Mann für alle Fälle“ bis „Der Hauptmann von Köpenick“ wurden gezeigt.

Juhnke-Freund. Auch Gunter Gabriel sang zur Hommage für den Entertainer. Sie waren einst Zechkumpanen. Foto: Geisler-fotopress
Juhnke-Freund. Auch Gunter Gabriel sang zur Hommage für den Entertainer. Sie waren einst Zechkumpanen. Foto: Geisler-fotopress

© Geisler-Fotopress

Gunter Gabriel, der ein letztes, nie aufgenommenes Album für Juhnke geschrieben hatte, sang bei der Gala im Wintergarten den unveröffentlichten Song „Der Hecht“. Moderator Felix Martin setzte auf „That’s life“, Ralf Wolter und Ilja Richter gaben „Der Statistiker“ zum Besten. Nicht fehlen durfte natürlich auch Judy Winter, die ihre deutsche Version von „I’ve got you under my skin“ sang und Barbara Schöne, seine Partnerin in der ZDF-Sendung „Musik ist Trumpf“unterhielt sich mit Felix Martin über Juhnkes Leben.

Zusammen mit jüngeren Bewunderern wie David Hermlin wollten sie auf der Bühne mit Songs und Sketchen so an Harald Juhnke erinnern, dass er selber seine Freude gehabt hätte. Denn auf dieser Bühne hatte er am 19. April 2000 seinen letzten Auftritt anlässlich einer Gala zum 90. Geburtstag von Brigitte Mira, die ebenfalls fünf Jahre später gestorben ist. Ohne die Bühne, ohne Kameras konnte Harald Juhnke das Leben gar nicht aushalten. Die berühmten Abstürze lagen fast immer zwischen zwei Projekten.

Am Ende konnte er den eigenen Weg nicht mehr ohne Hilfe weitergehen. Demenz, Heimaufenthalt, Familienstreitigkeiten, ein Buch über die Ehe, aus Geldnot geschrieben von Susanne Juhnke, das alles hat er wohl gar nicht mehr mitbekommen.

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Aber die guten Erinnerungen an den großen Entertainer haben die letzte, traurige Passage seines Lebens längst überstrahlt. Schon unmittelbar nach seinem Tod konnte die Gedächtniskirche die Zahl der Trauernden gar nicht aufnehmen, so groß war der Andrang. Und auch zehn Jahre später kommen alle, wenn es darum geht, ihren Harald zu ehren.

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Er war einer der größten Entertainer Berlins, der Mann mit der Peking-Ente, aber auch ein starker Trinker. Neun Jahre nach seinem Tod wird an Harald Juhnke erinnert. Und alle kommen – nicht nur der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit.

Der RBB widmet Harald Juhnke am 4. April, 23.05 Uhr, eine Hommage.

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