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Guten Appetit. Frank Zander servierte mit anderen Prominenten die Gänsekeulen. Mehr Fotos: www.tagesspiegel.de/fotostrecken Foto: dpa

© dpa

Berlin: Gans was Gutes

Der Musiker Frank Zander hatte zum Weihnachtsessen ins Estrel Hotel eingeladen. 2800 Bedürftige kamen und feierten.

Am letzten Tag der Adventszeit zeigt sich die Erwartung des nahenden Festes an der Neuköllner Ziegrastraße in einer Warteschlange von mehreren hundert Metern. Vor dem Estrel Hotel, das sonst eher durch Shows mit Star-Imitatoren von sich reden macht, stehen „Obdachlose und Bedürftige“ (so die Formulierung der Veranstalter). Ein Leierkastenmann kurbelt saisonale Songs. Die Besucher sehen unterschiedlich aus, abgerissen oder gut eingemummelt. Es sind auch Kinder dabei. Vielen Gesichtern ist anzusehen, dass eine harte Zeit hinter ihnen liegt. Die Geladenen, einige mit Weihnachtsmannmützen, warten geduldig. Ein paar Meter weiter sammelt sich ein Pulk Rollstühle. Währenddessen läuft in der Riesenhalle des Hotelkomplexes die Logistik wie am Schnürchen.

Hier warten 260 Helfer ebenfalls: auf 2800 Gäste, die bald ankommen. Unter den Beleuchtungsschienen der Riesenhalle sind 234 runde Zwölfertische mit roten Papierdecken, Flaschen, Getränkekartons, Besteck, Plätzchen, Mandarinen, Pappbechern gedeckt. Zwei Gigabildschirme zeigen Schneetreiben und Eisblumen. Auf der Bühne wird läuft der Soundcheck. Eine Stimmungsmelange zwischen Rockkonzert, Galadinner, Kirchentag und Betriebsfest. Gefiederte Engelgrüppchen und ein Clown patrouillieren, ein Weihnachtsmann lehnt am Sternenvorhang. Service-Freiwillige tragen gelbe oder rote T-Shirts: „Weihnachten mit Frank Zander“. Der stapft stimmbandschonend schalumschlungen, nervöser als alle umher, begrüßt per Handschlag.

Um 8 Uhr früh waren erste Helfer angetreten, Spenden angeliefert worden; ab zehn Uhr wurden Pressestand und Hundeecke aufgebaut, ab 11 Uhr die Band, halb eins begann der Soundcheck. Ab 13 Uhr sammelten fünf BVG-Busse Gäste in Moabit ein, um halb drei startet der Einlass. Es ist Zanders 19. Weihnachtsgans für Bedürftige, realisiert mit Diakonie, Caritas, Estrel sowie 54 Firmen und Organisationen, die Sachspenden beitragen. Der Entertainer erhielt seit 1995 für sein Engagement, das zum Berliner Advents-Event avancierte, zahlreiche Ehrungen.

Unter den rund 40 „Kollegen“, die dieses Jahr zu seinem Kellnerteam zählen, sind zahlreiche Prominente. So die Schauspieler Jeanette Biedermann, Rolf Zacher, Peter Sattmann, Anouschka Renzi, Natascha Ochsenknecht, Frank Kessler und Herbert Köfer, der Latin-Pop-Sänger Lou Bega oder die Boxer Axel Schulz und Arthur Abraham. Während die Gäste Platz nehmen, werden an die Dienstleistungs-VIPs letzte Schürzen verteilt, Heinz Buschkowsky gibt Autogramme.

Punkt 16 Uhr wieselt Frontmann Frank mit der ersten Keulenportion aus der Küche. Nach dem Essen die Show: Flintstones, Mary Roos, als ein Höhepunkt Seed mit Peter Fox. Die Gäste jubeln, singen, tanzen. Dann Zander leibhaftig, der zuletzt sein Finale „Nur nach Hause gehn wir nicht“ zelebriert. An zwei Tischen warten Geschenketüten. Ralf (44) und Arno (72) sind schon mehrmals dabei gewesen, es ist „wunderbar“. Arno trägt Knopf im Ohr, zerfurchte Züge. Keine Familie. Heiligabend wird er im Franziskanerkloster an der Wollankstraße sein. Ralf ist Epileptiker. „Die ganze Welt müsste aus Franz Zander bestehen, dann wäre alles tutti. Ich weiß, warum er es macht, der war selber mal ganz unten.“ Beiden Männern ist anzusehen, dass eine harte Zeit noch vor ihnen liegt. „Danke für Ihre Zeit“, sagt Ralf nach dem Gespräch.

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