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Berlin: Ganz offen oder gut getarnt

Der Streit um Googles neuen Bilderdienst wird zur Glaubensfrage. Ein Pro & Contra

Rund zwei Jahre ist es her, dass ungewöhnliche Kamerawagen mit elf Spezialobjektiven an einem zwei Meter hohen Mast durch Berlin fuhren. Damals fotografierte der US-Suchmaschinenkonzern Google alle Straßen für seinen Internetdienst „Street View“, der bis zum Jahresende in den 30 größten deutschen Städten starten soll. Doch erst jetzt ist die Diskussion voll entbrannt. Welches Ausmaß sie erreicht hat, zeigt nicht zuletzt eine Suche bei Google: Die Stichworte „Street View“ und „Streit“ führen zu mehr als 650 000 Treffern und knapp 250 Medienberichten. Datenschützer und Politiker kritisierten die „systematische Erfassung“ von Häusern und Straßen.

Street View ist ein Zusatzprogramm für den bestehenden Online-Kartendienst „Google Maps“, der Stadtpläne und Satellitenbilder kombiniert. Bereits mit Google Maps lassen sich Gebäude oben betrachten und manche Details wie Balkone erkennen. Die 360-Grad-Panoramabilder von Street View zeigen allerdings noch deutlich mehr. Gesichter von Personen, Hausnummern und Autoschilder will Google mithilfe eines Computerprogramms unkenntlich machen. Allerdings zeigten Beispiel aus den USA und anderen Staaten, wo es Street View bereits gibt, dass die automatische „Verpixelung“ nicht immer funktioniert.

Manche Kritiker sehen in den Fotogalerien ein Hilfsmittel für Einbrecher. Der Berliner Polizei jedoch sind „bislang keine Erkenntnisse oder Untersuchungen bekannt, die belegen, dass Täter die von Google oder anderen Anbietern zur Verfügung gestellten Geodatendienste zu Tatvorbereitungshandlungen genutzt hätten“. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix glaubt auch nicht, dass sich dies durch Street View ändert – schließlich gebe es nichts zu sehen, was nicht auch ein Passant von der Straße aus beobachten könne. Dafür bemängeln Dix und Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) unter anderem Googles Informationspolitik. Den nahenden Start von Street View in Deutschland hatte der Konzern mitten in den Sommerferien verkündet und zunächst nur eine vierwöchige Frist für Widersprüche per Mail oder Briefpost vorgesehen. Nunmehr haben Privatleute bis Mitte Oktober Zeit, die Veröffentlichung von Häuserfotos vorab zu verhindern. Anschließend soll es möglich bleiben, die Bilder nachträglich entfernen zu lassen. In anderen Staaten hatte Google auf ein solches Entgegenkommen verzichtet. Nur private Eigentümer und Bewohner eines Hauses dürfen die Löschung fordern, Firmen oder öffentlichen Verwaltungen gesteht die Firma das Recht nicht zu.

Im Berliner Abgeordnetenhaus hat die CDU-Fraktion eine „schnellstmögliche“ Beratung im Ausschuss für Verbraucherpolitik mit dem Datenschutzbeaufragten und einem Fachmann des Bundesverbraucherministeriums beantragt. Die CDU- Abgeordnete Cornelia Seibeld spricht einerseits von einer „in Teilen hysterisch geführten Debatte“, bei der „Verunsicherung und Halbwissen im Vordergrund stehen“. Andererseits wirft auch sie Google eine zu späte Information der Bürger vor und stellt im Antrag die Frage, ob der „weltweiten Willkür von Google Street View noch Grenzen zu setzen sind“.

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