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Berlin: Ganz schön voll hier

In Schöneberg werden zwei Schulen zusammengelegt – gestern gab es eine Protestversammlung auf dem Pausenhof

Vergnügt tollen die Kinder durch den Schnee auf dem Pausenhof der Havelland-Grundschule. Es ist ganz schön voll hier heute. Kein Wunder, denn mehr als die Hälfte der Kinder gehören gar nicht auf diesen Schulhof – noch nicht. Fast alle 500 Schüler der nahe gelegenen Schwielowsee- Grundschule haben am gestrigen Dienstag die viel befahrene Kolonnenstraße überquert, um zu zeigen, wie der Schulhof der Havelland-Schule bald aussehen könnte. Denn nach Planungen des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg sollen beide Schulen im Sommer dieses Jahres zusammengelegt werden. Eltern haben sich mittlerweile in einem Aktionsrat organisiert, um sich gegen die Schließung zu wehren. „Wir sind extra wegen des guten Bildungsangebots in diese Gegend gezogen“, sagt Christian Maaß, einer der Väter. Die Schwielowsee-Grundschule war die erste Schule in Berlin, die zur Hälfte zur Ganztagsschule wurde. Zudem ist eine Kita mit 140 Kindern in den Räumen der Schule untergebracht. Diese steht jetzt genauso vor dem Aus wie die gesamte Schwielowsee-Grundschule mit ihren großzügigen Freiflächen rund um das Gebäude.

Bereits seit mehr als zehn Jahren ist bekannt, dass sich in der Deckenverkleidung der Schule Asbest befindet. Bei den Messungen, die alle zwei Jahre stattfinden, wurden bislang jedoch keine gefährlichen Konzentrationen in der Raumluft gefunden. Die Kosten für eine Asbestsanierung verbunden mit einer Renovierung der Schule würden sich auf 11,5 Millionen Euro belaufen „Dass die Kosten für die Sanierung so hoch sind, haben wir erst nach dem letzten Sommer erfahren. Es stehen aber nur 4,1 Millionen Euro zur Verfügung“, sagt Bildungsstadtrat Dieter Hapel (CDU). Die Kosten eines Umzugs betragen hingegen nur fünf Millionen Euro. Für dieses Geld würden unter anderem mobile Betonräume, die zur Zeit im Ostteil der Stadt ungenutzt stehen, renoviert und auf dem Gelände der Havelland-Grundschule platziert. Der Bezirk plant derzeit, ein hinter der Schulturnhalle gelegenes Gelände als zusätzliche Freifläche zu erwerben.

Neben dem Kostenfaktor beruft man sich seitens der Bezirksverwaltung auf die demographische Entwicklung, die eine Zusammenlegung der Schulen sinnvoll mache. Und in der Tat: Die Schülerzahlen an der Havelland-Grundschule sind rückläufig, derzeit besuchen zirka 350 Kinder die Schule, die zu Hochzeiten 400 Schüler hatte. Ganz anders bei der Schwielowsee-Grundschule, für die es sogar eine Warteliste gibt. „Der Bedarf an Plätzen, vor allem für die Ganztagsbetreuung, ist da“, sagt Schulleiterin Marion Dießelberg. An der fusionierten Schule soll dann ab dem nächsten Schuljahr die Ganztagsbetreuung eingeführt werden. „Ob die Eltern das annehmen und ihre Kinder dorthin schicken, oder ob sie mit den Füßen abstimmen und ihre Kinder lieber an andere Schulen schicken werden, wenn wir umziehen, müssen wir abwarten“, sagt Dießelberg.

Die Eltern fühlen sich derweil schlecht informiert und nicht ernst genommen. Sie wollen für die Erhaltung ihrer Schule kämpfen und haben für den „Schnellschuss“ der Bezirksverwaltung, wie sie es formulieren, kein Verständnis. „Wir vermuten, dass da schon ein Investor für das Gelände vorhanden ist“, sagt Marina Harbort, eine der Mütter. Bildungsstadtrat Hapel betont hingegen, dass es noch keine weitergehende Planung für das Gelände gebe. Mehr Klarheit soll eine Schulausschusssitzung am 17.2. bringen.

Falko Müller

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