zum Hauptinhalt

Berlin: Gartenämter auf Ambrosia-Jagd

Ärzte warnen vor Panik wegen allergener Pflanze

Die einen entdecken gerade, was da Seltsames im Garten oder Park wächst, die anderen sind längst dabei, eben dieses Seltsame zu vernichten. Es geht um „Ambrosia artemisiifolia“, eine Pflanze, die Allergien auslöst: Kopfschmerzen, Augenjucken, Heuschnupfen. Seit vor knapp zwei Wochen bekannt wurde, dass das Kraut, das sich im wahrsten Sinne schnell wie der Wind ausbreitet, auch in Berlin vorkommt, sind die Gärtner der bezirklichen Grünflächenämter auf Ambrosia-Jagd.

„Wir haben schnell reagiert“, sagt der zuständige Bezirksstadtrat Uwe Stäglin (SPD) aus Steglitz-Zehlendorf. Und er weiß, dass in anderen Bezirken ähnlich zügig Maßnahmen ergriffen wurden. Überall wurden die Gartenfachleute über Ambrosia informiert, und ihr Auftrag lautete: finden und ausrotten. Nach bisherigen Beobachtungen ist der Erfolg bereits spürbar. Vor zwei Wochen wurde noch eine hohe Konzentration von 60 Pollen in einem Kubikmeter Luft gemessen; wobei schon zehn Pollen im gleichen Volumen als starke Allergiebelastung gelten. Doch in den vergangenen Tagen hat sich die Konzentration rapide um weit mehr als die Hälfte verringert, möglicherweise als Folge der Vernichtungsaktion. Den Anteil von Ambrosia-Pollen in der Berliner Luft misst das Meteorologischen Institut der Freien Universität. Die Experten wiesen die ersten dieser Pollen am 4. September in einer Pollenfalle in Steglitz nach.

Doch auch in den Behörden gab es Indizien für das Vordringen der Pflanze, weil sich Bürger nach der neuen Pflanze erkundigten. „Immer mehr Leute entdecken das noch unbekannte Kraut und wünschen Erklärungen“, sagt Holger Schmidt, Leiter des Pflanzenschutzamtes der Stadtentwicklungsbehörde. Deshalb stellt das Amt auf seiner Homepage die Pflanze vor: www.stadtentwicklung.berlin.de/pflanzenschutz“ (Link: Pflanzenschutzamt und dann Aktuelles), außerdem gibt es ein Infotelefon mit der Nummer: 700006-240.

Vor hysterischer Ambrosia-Angst warnen bereits Fachmediziner. Auch wenn Ambrosia als allergieauslösend gilt – die Pflanzen haben das weltweit stärkste Pollenallergen –, gebe es „keinen Grund zur Panik“, sagte der Friedenauer Kinderarzt und Allergologe Michael Silbermann: Bisher seien die Auswirkungen der Pflanze „minimal“. Seit 2001 habe er bei allen routinemäßigen Allergietests in seiner Praxis nur zehn Ambrosia-Allergiker gefunden.

Auf den Info-Seiten der Stadtentwicklungsverwaltung heißt es, die Pollen könnten bei empfindlichen Personen „schmerzliche Angstzustände“ und sogar Asthma auslösen. Besonders hart trifft die für Allergien anfälligen Personen außerdem, dass Ambrosias Pollenhochzeit erst im Frühherbst startet, wenn alle anderen Pollen verschwunden sind. Die Leidenszeit der Allergiker verlängert sich also möglicherweise um zwei Monate.

Wer Ambrosia-Gesträuch entdeckt, sollte es vernichten, indem er es mit den Wurzeln aus dem Boden reißt und in die Mülltonne packt. „Keinesfalls auf den Kompost“, warnen Experten. Falls schon Samen ausgebildet wurden, sind diese resistent und jahrzehntelang überlebensfähig. Jetzt ist die beste Zeit zum Zupacken, denn die so genannte Beifuß-Ambrosie blüht extrem spät von August bis Oktober. Dass die Pflanze, die sich eher in warmen Gefilden wohl fühlt, überhaupt in Berlin auftaucht, ist laut Holger Schmidt möglicherweise Folge der Klimaerwärmung.

Zur Startseite