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Berlin: Gary Cooper kam im offenen Wagen

Die Zeit, als die Berlinale noch 12 000 Mark kostete. Damals jedenfalls schien es leichter, einen Mann auf den Mond zu bringen als einen Hollywood-Star nach BerlinElisabeth Binder Man könnte leicht zu dem Schluss kommen, diese Berlinale sei ein einziges Star-Versteck-Spiel.

Die Zeit, als die Berlinale noch 12 000 Mark kostete. Damals jedenfalls schien es leichter, einen Mann auf den Mond zu bringen als einen Hollywood-Star nach BerlinElisabeth Binder

Man könnte leicht zu dem Schluss kommen, diese Berlinale sei ein einziges Star-Versteck-Spiel. Wahrscheinlich haben die Regisseure der großen Filmfirmen zu viele Märchen gelesen, in denen die Zauberfiguren am Ende immer verschwinden im Wunderland, auf einer Glastreppe oder sonst wo, und auf diese Weise werden dann auch die Filmstars inszeniert. Die Jagd nach ihnen war von Anfang an ein Lieblingssport bei der Berlinale, aber in den frühen Zeiten vielleicht von lässigeren Erfolgen gekrönt.

Sowas erfährt man zum Beispiel beim Empfang der US-Botschaft zu Ehren der amerikanischen Teilnehmer und insbesondere des geschäftsführenden Gründers der Berlinale, Marc M. Spiegel, dem heute in Rom lebenden Senior Vice President der Motion Picture Association. Der erzählt, wie das alles begann im Jahr 1951. Damals konnte man ein Festival noch mit schlappen (damals allerdings kräftigeren) 12 000 Mark ausrichten, einer Summe, die heute nicht mal mehr einen mittelprächtigen Empfang am Rande des Festivals zustande bringen würde. Damals jedenfalls schien es leichter, einen Mann auf den Mond zu bringen als einen Hollywood-Star nach Berlin. Während sich heute die Stars nur hinter Vorhängen oder Spanholzplatten verstecken, war es Anfang der 50er Jahre so gut wie ausichtslos, überhaupt jemanden nach Berlin zu bringen. Die Erinnerungen an den Krieg waren noch frisch, und außerdem befand sich West-Berlin, umgeben von russischen Truppen, in einer gefährlichen Situation.

Dass es dann doch geklappt hat, war Spiegels Hartnäckigkeit zu verdanken, seiner Art, ein "Nein" nicht als Antwort zu akzeptieren. Im ersten Jahr gelang es ihm am Ende, Joan Fontaine nach Berlin zu locken, die unter der Bedingung kam, keine Fragen zu ihrem Privatleben zu beantworten, mit dem Ergebnis allerdings, dass sie fast nur nach ihrem Liebesleben gefragt wurde. Im nächsten Jahr konnte Billy Wilder gewonnen werden, aber die wirkliche Eröffnung gab es nach Spiegels Empfinden 1953. Da hatte er Gary Cooper überzeugt zu kommen, und die Berliner zeigten sich von ihrer besten Seite. Die Strecke vom Flughafen Tempelhof bis zum Kempinski Hotel legten Cooper und Spiegel - es war Sommer - im offenen Wagen zurück. Tausende säumten jubelnd die Strecke. Ein unvergessliches Erlebnis, das den, der es hatte, immer noch bewegt. Wie er überhaupt daran erinnerte, dass damals das Filmfestival ja auch gegründet wurde, um das gefährdete West-Berlin mit Leben und Zuversicht zu füllen.

Sehr zum Kummer der Taxifahrer konzentriert sich in diesem Jahr ja manches auf dem Potsdamer Platz, was sich früher über weitere Flächen verteilte. Davon profitiert auch Fred Hürst, Direktor des Grand Hyatt Hotels. Mit seiner auf 1600 Gäste beschränkten Ballroom-Kapazität konnte er zwar nicht den Eröffnungsempfang ausrichten, dafür tauchen auf den Empfängen in seinem Haus besonders schön aufgemachte Filmleute auf, die ihre Gala-Outfits auf langen Wegen nicht verschwenden wollen. Im Umgang mit Stars hat Hürst viel Erfahrung, schließlich war er jahrelang Chef des Kölner Hyatt Hotels, wo von Michael Jackson bis Tina Turner alles logierte, was in der Branche Rang und Namen hat. "Die Stars selbst", sagt Hürst, "sindnicht mal das Problem." Deren Bedürfnisse werden vorher abgefragt, und wenn dann auch die Sicherheit funktioniert, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Wichtig sei es, gut zum Management zu sein. "Die sind ja meist viel gestresster als die Stars."

Im für Taxifahrer nicht sehr ertragreichen Abstand zum Potsdamer Platz liegt der Dresdner Bahnhof, der dieser Tage Ruhm als Fetenort gewonnen hat. Da wandern dann in der Nacht die Massen auf und ab, umgeben von abstrakten Lichtspielen an den Wänden, vorbei an Büffets, die sich biegen unter den Köstlichkeiten der Sponsoren. Vereinzelte Stars wie Wim Wenders oder Volker Schlöndorff, Geschäftsleute mit dicken Jacken, Mädchen, die Entdeckung ersehnen in blumig duftigen 20er Jahre Outfits. Die Zaungäste draußen stellen sich den Ort, der nur mit Einladungskarte zu erreichen ist, wie den Himmel vor. Tatsächlich ist das in allem eine Angelegenheit von begrenztem Vergnügungsgehalt, weshalb die großen Glitzerstars sich oft auch zieren, allzu viel Zeit auf solchen Partys zu verbringen. Ob sie sich da wie beim Nachsitzen fühlen? Merke: Auch im Märchen ist es nicht immer wie im Märchen.

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