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Blick ins Klassenzimmer einer Grundschule, Schüler melden sich,  vorn an der Tafel steht die Lehrerin.

© Jens Kalaene/dpa

Gastbeitrag von Bettina Jarasch: Her mit den Klassen-Omas in der Grundschule!

Grundschullehrer entlasten durch Ehrenamtliche - das wollen die Grünen. Wie das gehen und was das bringen soll, erklärt die Landesvorsitzende in diesem Gastbeitrag.

Bettina Jarasch, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Berlin, über das Konzept der "Kümmerer" für die Grundschule.

Heute begann für rund 32.000 Kinder in unserer Stadt ein neuer Lebensabschnitt. Der Schulranzen war gepackt, die Schultüte gefüllt und aufgeregte Eltern und Großeltern machten pausenlos Fotos – für viele kleine und große Berlinerinnen und Berliner ist der heutige Tag ein ganz besonderer.

Ich erinnere mich noch gut an die Einschulungen meiner beiden Söhne vor einigen Jahren. Und an die Fragen, die mich und all die anderen aufgeregten Eltern damals umgetrieben haben: Wie reibungslos klappt der Übergang von der Kita in die Grundschule? Werden sie rasch Freunde finden? Kommen sie mit den Lehrern und den neuen Anforderungen klar? Was können wir tun, damit sie sich in der Schule gut aufgehoben fühlen?

Keine Frage, der Beginn der Schulzeit verlangt vielen Kindern und ihren Familien so einiges ab. Und nicht nur ihnen, sondern auch den Berliner Lehrerinnen und Lehrern. Kleinen Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen ist eine enorme Leistung, vor der ich den höchsten Respekt habe. Auch deshalb fordern wir Grüne, dass Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer endlich genauso viel verdienen müssen, wie ihre Kolleginnen und Kollegen an den Oberschulen. Bildungsauftrag bleibt Bildungsauftrag – und nur weil Kinder jünger sind, heißt das nicht, dass die Anforderungen geringer wären. Das Gegenteil ist der Fall! Die Ansprüche an das, was Schule leisten soll, wachsen ständig.

Eine Schule muss immer eine Teamschule sein

Lehrerinnen und Lehrer können das nicht immer alleine bewältigen. Eine Schule, die ein Ort des Lebens und Lernens sein will, muss deshalb immer auch eine Teamschule sein. Mit einer motivierten Lehrerschaft, engagierten Eltern, guten Betreuungs- und Förderangeboten und einer engen Kooperation mit anderen Bildungseinrichtungen und externen Akteuren.

Damit unsere Kinder ihre Rolle in der Klasse finden und den Leistungsanforderungen gerecht werden können, braucht es mitunter Menschen, die sich auch um die vermeintlich banalen Dinge kümmern: Den Streit mit einem anderen Kind, die zehnminütige Suche nach dem Turnbeutel oder eine laufende Nase, für die gerade kein Taschentuch zur Hand ist. Gerade die Jüngsten brauchen in der Schulen einen Anlaufpunkt, um den Alltag zu bewältigen und Routinen zu entwickeln.

Das Konzept "Kinder brauchen Kümmerer"

Dieser Anlaufpunkt sind in den allermeisten Fällen die Lehrerinnen und Lehrer. Wer wie wir Grüne die Lehrerinnen und Lehrer entlasten und ihnen mehr Zeit für ihren eigentlichen Bildungsauftrag verschaffen will, muss darüber nachdenken, wie das am besten geht.

Wir haben deshalb das Konzept „Kinder brauchen Kümmerer“ entwickelt, mit dem wir insbesondere ältere Berlinerinnen und Berliner dazu ermutigen wollen, sich mit ihren Lebenserfahrungen und Kompetenzen in die Schulen der Stadt einzubringen. Sie können den Kleinsten dabei helfen, sich in der Schule zurechtzufinden, und sie sorgsam bei der Eingewöhnung in ihren neuen Alltag begleiten. Wir orientieren uns dabei an einer anderen erfolgreichen Grünen-Idee, den Lesepaten: Ehrenamtliche, die in vielen Berliner Grundschulen Kindern vorlesen und damit ihr Interesse am Lesen und Erzählen fördern.

Wir Grüne sind vom Konzept der ehrenamtlichen Lesepaten so sehr überzeugt, dass wir glauben, dass gerade Schulanfänger von Menschen profitieren können, die ihnen im Unterrichtsalltag zuhören und sich um ihre Bedürfnisse kümmern. Denkbar wäre es, dass eine „Klassen-Oma“ oder ein „Klassen-Opa“ ein bis zwei Tagen pro Woche am Schulleben teilnimmt, und damit auch die Lehrkräfte entlastet. Gerade in den ersten beiden Schuljahren machen sich noch teils große Entwicklungsunterschiede zwischen den einzelnen Kindern bemerkbar. Wir erleben immer häufiger, dass teilweise Grundlegendes fehlt – etwa wenn Kinder auch mit sechs Jahren den Stift noch nicht richtig halten, wenn sie sich nicht konzentrieren können oder ihnen das Selbstvertrauen und der Zuspruch fehlen. Die „Klassen-Oma“ oder der „Klassen-Opa“ können dabei helfen.

Es ist doch merkwürdig, dass [unbezahlte Arbeit] immer im sozialen Bereich eingefordert wird. Dieser Gedanke konsequent zu Ende gedacht heißt, dass einerseits soziale Tätigkeiten nichts Besonderes sind, weil man sie ohne Ausbildung machen kann, und andererseits auch nichts wert ist, weil man dafür nichts zu zahlen bereit ist.

schreibt NutzerIn prophetohnevolk

Warum die Grünen die Gebührenfreiheit für falsch halten

Das Projekt ist eines unserer vielen Bausteine für gute Schule und mehr Qualität im Unterricht. Denn nur, wenn die Qualität stimmt, bekommen endlich alle Kinder echte Chancen auf Bildungserfolg. Aber gute Schule gibt es nicht umsonst – übrigend genauso wenig wie gute Betreuung. Deshalb halten wir die Gebührenfreiheit für alle in Sachen Hort auch für falsch: Sie geht zu Lasten der Qualität und entlastet vor allem die Gutverdiener. Und dabei sind diese Eltern meistens gerne bereit, einen Beitrag zu leisten – wenn die Qualität stimmt.

Wir Grüne sind fest davon überzeugt: Mehr Kümmerer an unseren Schulen, das hilft allen. Den Kindern, die sich in der Schule wohl fühlen und zum Lernen motiviert werden. Den Lehrerinnen und Lehrern, die entlastet werden und sich verstärkt auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können. Den Eltern, weil sie ihr Kind gut aufgehoben wissen. Aber auch älteren Menschen, die nach einer neuen Aufgabe suchen und gerne erleben, dass sie gebraucht werden. Es sind oftmals die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Wir Grüne sind fest davon überzeugt: Berlin geht nur zusammen.

Alle Infos rund um die anstehende Abgeordnetenhauswahl in Berlin finden Sie auf unserer interaktiven Sonderseite: wahl.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter @tspwahl. Mehr Schulthemen gibt's unter www.tagesspiegel.de/schule.

Bettina Jarasch

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