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GAZETELER Rückblick: Kopftuch schafft klare Fronten Wie türkische Blätter über den Streit

um eine Senatsbroschüre berichten

Nur zwei türkische Tageszeitungen berichteten in der vergangenen Woche über den Streit um die Kopftuchbroschüre des Senats: die „Türkiye“ und die „Zama“. Beide machten kein Hehl daraus, was sie von der Kritik zweier Frauenrechtlerinnen über die Broschüre halten. „Sie verdienen ihr Geld mit der Ablehnung des Kopftuchs“, schrieb die „Zaman“ über einen Kommentar. Dies zielt auf die Anwältin Seyran Ates und die Autorin Serap Cileli. „Erneut stehen wir einer dem Geiste schädigenden Diskussion gegenüber“, heißt es. „Die Argumente, die zur Sprache gebracht werden, sind subjektiv, polarisierend, destruktiv und aggressiv genug, um es in die Medien zu schaffen.“ Die umstrittene Broschüre „Mit Kopftuch außen vor?“ wurde von der Integrationssenatorin Heidi Knacke-Werner (Linke) herausgegeben. Sie soll auf die Situation muslimischer Frauen mit Kopftuch aufmerksam machen. Vor allem finden sich darin „Diskriminierungserfahrungen“ von Kopftuchträgerinnen bei der Jobsuche, in Schulen und im Alltag. Ates und Cileli kritisieren die Broschüre als „viel zu einseitig“, denn sie gehe nicht darauf ein, dass Musliminnen ohne Kopftuch von Kopftuch tragenden Frauen diskriminiert werden. Heidi Knake-Werner falle damit „säkularen Musliminnen in den Rücken“.

Die „Türkiye“ machte schon im Titel deutlich, auf wessen Seite sie steht: „Widerstand gegen die Intoleranten“. In der Unterzeile hieß es: „Gegen Broschüren, die verteilt werden, damit Frauen mit Kopftüchern nicht diskriminiert werden, gibt es Kritik von alt bekannter Stelle. Die ungerechte Ablehnung lässt die Kreise mit gesundem Menschenverstand ‚Das kann doch wohl nicht wahr sein’ sagen.“ Im Text kamen immerhin Kritiker und Befürworter der Broschüre zu Wort. Deren beide Kritikerinnen kamen nicht gut weg. „Serap Cileli meint, dass die Broschüre ein Kniefall vor den Fundamentalisten sei. Seyran Ates kann die Broschüre über das Kopftuch nicht verdauen.“

„Türkiye“ wie auch „Zaman“ zitierten ausführlich aus der Senatsbroschüre. Dagegen verloren die „Hürriyet“ und die „Milliyet“ über die Kopftuch-Broschüre kein einziges Wort. Ihre Positionen zum Thema Kopftuch sind jedoch bekannt. Zuletzt protestierten die beiden Zeitungen heftig dagegen, als die türkische Regierung das Kopftuch in den Universitäten erlauben wollte. Seit Gründung der Republik 1923 gilt in der Türkei in öffentlichen Gebäuden ein striktes Kopftuchverbot. Auch Studentinnen und Schülerinnen ist es nicht erlaubt, ihren Kopf zu verhüllen. „Türkiye“ und „Zaman“ dagegen verteidigen immer wieder vehement das Kopftuch. Unter anderem deshalb werden sie von vielen religiösen Türken bevorzugt gelesen. Suzan Gülfirat

Suzan Gülfirat

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