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Berlin: Gazeteler Rückblick: Über die türkische Art, Preise zu erhöhen

Die BVG sollte sich an der türkischen Art und Weise, Preise zu erhöhen, ein Beispiel nehmen. Jedes Mal gibt es so ein Gezetere, wenn sie den Preis eines Einzelfahrscheins um einen Groschen oder den Preis der Umweltkarte um einige Mark erhöhen will.

Die BVG sollte sich an der türkischen Art und Weise, Preise zu erhöhen, ein Beispiel nehmen. Jedes Mal gibt es so ein Gezetere, wenn sie den Preis eines Einzelfahrscheins um einen Groschen oder den Preis der Umweltkarte um einige Mark erhöhen will. Am Ende muss die BVG auch noch irgendwelche Zugeständnisse machen.

Also die Türken machen das so: Mehr als eine Woche lang berichteten die türkischen Tageszeitungen auf ihren Titelseiten in Deutschland über Preiserhöhungen bei der staatlichen Fluggesellschaft "Türk Hava Yollar" (THY). Deutschen Fluggästen ist sie als "Turkish Airlines" bekannt. Ein Flugticket von Frankfurt nach Istanbul sollte demnach ab dem 1. April 1099 Mark kosten. Bisher galt für türkische Staatsbürger der Gastarbeiter-Tarif, da sie ja ursprünglich alle zurück wollten in die Heimat. Die türkische Regierung wollte ihnen seinerzeit so die regelmäßige Heimreise ermöglichen. Ein Flugschein nach Istanbul kostete für sie zuletzt zwischen 500 und 650 Mark, für andere kostete er um die 750 Mark.

Die Zeitungen und mit ihnen die Türken in Deutschland gingen auf die Barrikaden: "Die THY ist dabei, Selbstmord zu begehen" und "Die THY bricht alle Rekorde in Europa", titelte die Hürriyet. Sie druckte die Lufthansa-Preise für türkische Gastarbeiter ab, die es tatsächlich seit einigen Jahren gibt. Wer einen türkischen Pass besitzt und in Deutschland arbeitet, zahlt bei bei der Lufthansa zum Beispiel von Berlin nach Istanbul 540 Mark und 88 Pfennige. Deutsche zahlen 740 Mark. Und die Tageszeitung Türkiye fragte sich, warum die deutsche Gesellschaft soviel erfolgreicher ist. "Das liegt daran, dass sie seit einigen Jahren immer mehr privatisiert wird", meinte das Blatt.

Die Hürriyet richtete am Donnerstag ein Krisentelefon ein, an dem THY-Chefs die Fragen ihrer Kunden beantworteten. Die THY-Veranwortlichen hätten sich über die Reaktion der Anrufer sehr überrascht gezeigt, berichtete die Boulevardzeitung Hürriyet. Am Freitag brachte ihre größte Konkurrenz, die Türkiye, schließlich die erlösende Nachricht. Die THY habe die "horrende Preiserhöhung" zurückgenommen. Die Zeitung lobte sich selbst, weil sie dies als erste herausbekommen habe: "Wir sind die Stimme unserer Landsleute geworden." Die Leser dieser Zeitung müssen jetzt denken, dass die alten Preise wieder gelten, aber ein Mitarbeiter der THY-Filiale in der Skalitzer Straße in Kreuzberg sagte auf Anfrage: "Die massive Preiserhöhung wurde zurückgenommen. Am Montag werden die neuen Tarife bekannt gegeben, die ab April gelten." Wie hoch die sein werden, wollte er nicht sagen.

Solch eine Aktion gab es im übrigen Mitte Januar schon einmal. Damals wollte die türkische Regierung die Gebühr für eine Passverlängerung um fünf Jahre von 100 Mark auf 225 Mark erhöhen. Nach großer Aufregung steckte die Regierung zurück und erhöhte die Passgebühr "nur" auf 115 Mark. Alle waren glücklich. Die Medien und die Türken. Keiner dachte mehr daran, dass auch 100 Mark sehr teuer ist. Zum Vergleich: Der deutsche Pass kostet für 10 Jahre 50 Mark. Wetten, dass am Ende die Fluglinie "nur" den Arbeitertarif abschafft.

Suzan Gülfirat

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