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Kinder, Kinder. Die Kleinsten bevölkern die Stadt, nur an Spielplätzen für sie mangelt es. Laut Gesetz müsste es fast doppelt so viele Flächen für sie geben.

© Doris Spiekermann-Klaas

Geburtenrekord in Berlin: Der Trend geht zum Stadtkind

Berlin verzeichnet im Gegensatz zu anderen Ländern einen Geburtenrekord. Die meisten Babys kommen in Friedrichshain-Kreuzberg zur Welt.

Von Katrin Schulze

Immer weniger Kinder, immer mehr Alte – so sieht die bundesweite Prognose aus. Und was macht Berlin? Berlin macht da nicht mit. Erneut hat die Stadt einen Geburtenrekord zu verzeichnen. Seit der Wiedervereinigung kamen hier noch nie so viele Kinder zur Welt wie im Jahr 2010. Wurde 2009 mit 32 104 Babys schon ein Rekord vermeldet, so stieg die Zahl im Vergleich dazu noch einmal um vier Prozent – auf 33 393. Das sagen die Daten des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg.

Doch wer angesichts der viel beobachten Kinderwagen rund um den Helmholtzplatz vermutet, dass sich die meisten der Kleinen im Bezirk Pankow tummeln, liegt falsch. Zwar wurden im Nordosten absolut die meisten Kinder geboren, in Bezug auf die Einwohnerzahl jedoch liegt Friedrichshain-Kreuzberg wie schon im Vorjahr vorne. 12,3 Kinder wurden hier statistisch je 1000 Einwohner geboren, in Pankow waren es 12. Dahinter folgen Mitte (11,6), Neukölln (10,6), Lichtenberg (10,2) und Marzahn-Hellersdorf (9,1).

Diese Verteilung kommt für Entwicklungsexperten logisch daher, denn der Berliner Babyboom geht vorwiegend auf die Zuwanderung junger Menschen zurück. „Berlin ist für die mobile Gruppe der 18- bis 35-Jährigen sehr attraktiv“, sagt Toska Wiener, Fachfrau für Demografie in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Und unter den jungen Zuzüglern befinden sich viele Studenten und Akademiker, die sich gerne in den „angesagten Bezirken“ niederlassen.

Wer sich Wohnungen in Prenzlauer Berg und Friedrichshain allerdings nicht leisten kann oder Ruhe sucht, geht nun vermehrt auch nach Lichtenberg oder zieht mit dem sich ankündigenden Nachwuchs ins grüne Berliner Randgebiet. Anstelle des Häuschens im Umland, wie es bei jungen Familien früher beliebt war, wünschen sich die Eltern laut Wiener nun eher ein Eigenheim innerhalb Berlins. Besonders interessant erscheinen zum Beispiel die Einfamilienhausgebiete in Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf, wo die Statistiker in zurückliegenden Jahren ein hohe Zuzugszahl verzeichneten.

Den Trend zum Stadtkind bestätigt auch die erhöhte Fruchtbarkeitsrate: Von 1,28 im Jahr 2007 ist die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau in Berlin auf 1,34 gestiegen. Dass trotz der höheren Zahl an Berliner Kindern kein Bezirk – wie berichtet – über die gesetzlich vorgeschriebene Versorgung mit Spielplätzen verfügt, passt da nicht wirklich ins Bild.

„Spielflächen haben keine starke Lobby in der Stadt“, sagt Mirco Dragowski. Der FDP-Politiker hatte eine kleine Anfrage zu dem Thema gestellt und zeigte sich mit den Antworten der Verwaltung nicht zufrieden. „Es ist deutlich ein Kommunikationsproblem zwischen dem Land und den Bezirken zu erkennen“, sagt er. „Will sich Berlin weiterhin als kinderfreundliche Stadt präsentieren, muss sich an der Anzahl und dem Zustand der Spielflächen etwas ändern.“ Auch das Deutsche Kinderhilfswerk regt nun Veränderungen an, es müssten ja nicht immer teuere Spielgeräte gekauft werden, auch „Erdhügel oder Kletterbäume“ seien ideal. Berlin müsse bereit sein, neue Wege zu gehen.

Erst recht, da durchaus weiterhin mit einer zumindest stabilen Geburtenzahl zu rechnen ist. Demografie-Spezialistin Toska Wiener glaubt: „Wenn die wirtschaftliche und infrastrukturelle Situation so bleibt, wie sie ist, sehe ich eine gute Chance, dass Berlin für junge Leute weiterhin attraktiv bleibt.“ Und damit auch künftig viele Kinder in der Stadt herumtoben. Katrin Schulze

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