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Gedenkgottesdienst: Stunde der Solidarität

Die polnische Gemeinde in Berlin trauert. In der Johannes-Basilika spricht Pfarrer Tadeusz Niewÿgÿowski den in Berlin lebenden Polen Mut zu.

Neben dem großen Kreuz im Altarraum der katholischen St.-Johannes-Basilika hängt die rot-weiße Fahne mit Trauerflor. Davor stehen ein Marienbild und ein Schwarz-weiß-Foto des ums Leben gekommenen polnischen Präsidenten Lech Kaczynski. Immer wieder bringen Frauen, Männer und Kinder Blumen nach vorne oder stellen Kerzen ab. Sie knien nieder, bekreuzigen sich, beten.

Der Schock über den Flugzeugabsturz des Präsidenten am Sonnabend sitzt tief bei den rund 500 Menschen im Gotteshaus in der Kreuzberger Lilienthalstraße. Vor dem Gottesdienst, zu dem auch der polnische Botschafter Marek Prawda gekommen ist, geht Pfarrer Tadeusz Niewÿgÿowski durch die Reihen, gibt den Gläubigen als Zeichen der Solidarität seine Hand. Viele Menschen haben an diesem Morgen, dem Tag nach der Katastrophe, Tränen in den Augen. Immer wieder schüttelt jemand den Kopf, als könne er den Absturz des Flugzeuges im dichten Nebel bei Smolensk noch immer nicht glauben. Als der Pfarrer zum Tod des Präsidenten und der polnischen Elite sein Beileid ausspricht, seufzen viele in der Kirche schwer auf.

In seiner Predigt spricht Pfarrer Niewÿgÿowski den in Berlin lebenden Polen Mut zu: „Auch wenn Menschen sterben, finden wir im Glauben an Gott Unterstützung“, sagt er. In dieser schweren Stunde seien die Solidarität unter den polnischen Landsleuten und die gegenseitige Hilfe wichtig. Gleichzeitig erinnert der Pfarrer an das Massaker von Katyn, bei dem vor 70 Jahren schon einmal Teile der polnischen Elite ausgelöscht worden waren. Der Sonnabend war ein doppelter Schicksalsschlag, wollte doch Kaczynski zu Gedenkfeiern nach Katyn reisen.

Es sind die eingeübten Rituale, die an diesem Morgen in der Kirche Mut machen: der Friedensgruß, die Eucharistiefeier, die Choräle und Gebete. Die polnische Gemeinde in Berlin rückt eng zusammen. Noch während die Orgel ihre letzten Töne spielt und der Pfarrer mit seinen Ministranten aus der Kirche auszieht, stehen viele Gottesdienstbesucher auf und gehen zu dem drei Meter hohen Kreuz vor dem Altar. Nach dem gemeinsamen Gottesdienst nehmen sie sich Zeit, noch einmal innezuhalten, ein Gebet zu sprechen oder zu trauern.

Auch Isabella Adrzejewska aus Weißensee legt einen Strauß gelber Osterglocken beim Foto des gestorbenen Präsidenten ab. Ihr sei es wichtig, jetzt das Gefühl des Zusammenhaltens zu spüren, sagt sie. Sie sei gekommen, um diese Situation zusammen mit ihren Landsleuten zu durchleben. Und dann spricht sie aus, was wohl an diesem Morgen vielen in der Kirche durch den Kopf geht: „Warum trifft es gerade diese Nation?“

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