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Berlin: Gefährliche Abkühlung

Jedes vierte Kind kann nicht schwimmen. Politiker fordern mehr Unterricht

Nachdem in den vergangenen Tagen die kleine Anastasia im Tegeler See ertrunken ist und ein weiteres achtjähriges Mädchen in der Krummen Lanke zu Tode kam, schlägt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft Alarm. Denn derzeit kann laut DLRG jedes vierte Kind nicht oder kaum schwimmen. Für die Lebensretter bedeutet das eine steigende Zahl von Einsätzen, bei denen es um Kinder und Jugendliche geht. Dass die immer öfter nicht schwimmen können, liege am fehlendem Unterricht und an den Bäderschließungen, heißt es beim DLRG.

„Jedes Kind, das nicht schwimmen kann, ist eines zu viel“, sagt Walter Kaczmarczyk, sportpolitischer Sprecher der Linkspartei. Zwar bieten die Schulen obligatorischen Schwimmunterricht für Drittklässler an, doch halten Politiker aller Fraktionen eine Stunde pro Woche für nicht ausreichend. Zahlen belegen auch, dass die Nutzung der Bäder durch die Schulen in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist. Wurden im Jahr 2000 noch 1,22 Millionen Schüler in den Bädern registriert, waren es im vergangenen Jahr nur noch 957 000. „Viele Bäder mussten schließen, deshalb gibt es auch längere Anfahrtwege, die für viele Schüler nicht mehr akzeptabel sind“, kritisiert Grünen-Politiker Oliver Schruoffeneger. In der Tat musste seit 2001 ein gutes Dutzend Hallenbäder schließen, da entweder die Sanierungs- oder Betriebskosten zu hoch waren. Schließungen kritisierte die DLRG als „unheilvollen Trend“. Die Sportpolitikerinnen Mieke Senftleben (FDP) und Karin Seidel-Kalmutzki (SPD) erwarten aber auch von den Schulen eine bessere Kooperation mit Schwimmvereinen, um Kurse für Mädchen und Jungen anzubieten. Obwohl der Schwimmunterricht obligatorisch ist, berichten Schulen über Freistellungen: Konservative Muslime würden ihre Töchter mit Hilfe von Attesten vom Schwimmunterricht befreien, heißt es. „Da hilft nur eines: die Schulpflicht durchsetzen“, fordern die Politiker. Bereits im März hatte das Islamforum, in dem zahlreiche Organisationen wie der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Interkulturelle Rat oder die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen zusammenarbeiten, die Muslime aufgefordert, ihren Kindern den Sport- und Schwimmunterricht nicht zu verbieten. Auch CDU-Generalsekretär Frank Henkel appelliert an die Eltern, ihre Kinder in Schwimmkurse zu schicken.

Und die bieten derzeit auch Plätze an: „Wir haben noch freie Kapazitäten in den Ferienkursen“, sagt der Chef der Berliner Bäderbetriebe, Klaus Lipinsky (Infos unter Tel. 01803-10 20 20). sib/Ha

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