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Berlin: „Gefährliche Idioten“

Bundestag debattiert Anschläge auf die Bahn Streit um den Begriff des Terrorismus

Berlin – In einer aktuellen Stunde hat der Bundestag am Donnerstagnachmittag die Brandanschläge debattiert, die in der vergangenen Woche den Bahnverkehr in der Region teilweise lahmlegten. Alle Redner verurteilten die Taten – um die Frage aber, wie diese einzuordnen seien, gab es Streit. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte in der vergangenen Woche von „verbrecherischen, terroristische Anschlägen“ gesprochen, die „in eine neue Dimension hineingehen“ – und damit eine Debatte um den Begriff des Terrorismus angestoßen.

Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, verteidigte die Äußerungen seines Ministers. Ferlemann sagte, es seien mehr als 2600 Züge von den Taten betroffen gewesen und rund 70 000 Verspätungsminuten entstanden. Angesichts dessen handele es sich um eine neue Art der politischen Auseinandersetzung. Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert kritisierte die politischen Zustände in Berlin. „Die staatliche Ordnung ist nicht so vorhanden wie in anderen Bundesländern“, sagte er.

Auch Jan-Marco Luczak, CDU-Abgeordneter für Tempelhof-Schöneberg, sagte, es gebe eine signifikant erhöhte Gewaltbereitschaft linksextremer Täter, auf die reagiert werden müsse. Er kritisierte außerdem den Berliner Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, und zwar mit dem Argument, dieser verharmlose die Geschehnisse. Ströbele hatte davor gewarnt, Vergleiche zur RAF zu ziehen.

Abgeordnete der Opposition kritisierten die Taten scharf – warfen der Bundesregierung aber auch vor, die Ereignisse politisch zu instrumentalisieren. „Mit Hysterie helfen Sie niemandem“, sagte Swen Schulz (SPD). Der Berliner Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland stellte klar: Die Täter seien „gefährliche Idioten“. Er sagte aber auch, es werde ein Zerrbild der Hauptstadt gezeichnet. Schließlich seien die vielen Touristen keine „Abenteuerurlauber auf der Suche nach einem Ersatz für das Dschungelcamp“. Zum Vergleich mit der RAF sagte Wieland, die Täter würden zwar die Gefährdung von Menschen in Kauf nehmen, sie wollten aber niemanden umbringen. Dies sei ein qualitativer Unterschied, und eine Eskalation dürfe nicht herbeigeredet werden. Lob für die Regierung, namentlich für Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), gab es hingegen vom SPD-Abgeordneten Wolfgang Gunkel: Es sei richtig gewesen, mehr Bundespolizisten auf Streife zu schicken.

Abwägend äußerte sich Ole Schröder, CDU-Abgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Er sagte, es handele sich nicht um terroristische Taten – aber das sei ohne Bedeutung für die Auswirkungen auf die Bürger. Zudem seien die Geschehnisse der bisherige Höhepunkt einer seit Jahren anwachsenden Zahl politisch links motivierter Straftaten. Zigtausende Bürger würden in Angst und Schrecken versetzt. Karin Christmann

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