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Berlin: Gefährliche Reise

Eine Mutter will ihre drei in den Irak entführten Kinder suchen. Eine Stiftung finanziert die Fahrt

Seit acht Monaten weiß die Neuköllnerin Izdihar Al-B. nicht, wo ihre drei Kinder sind. Ihr Mann hat die beiden Töchter Fatima (7) und Hauraa (11) sowie den neunjährigen Sohn Hamied entführt. Wohin genau, weiß die Deutsch-Libanesin nicht. Eventuell in den Irak, woher der 41-jährige Vater, der von der Mutter getrennt lebte, stammt. Vielleicht sind die Kinder auch in Kuwait oder Syrien, wo der Mann Verwandte hat.

Da ein Bruder des Mannes angedroht hat, dass die älteste Tochter Hauraa verheiratet wird, sobald sie zwölf ist, will Izdihar Al-B. sich jetzt auf die Suche nach ihren Kindern machen. „Hauraa ist ein Kind, sie darf nicht verheiratet werden“, sagt die Mutter, die die Drohung sehr ernst nimmt. Die Zeit eile, da das Kind im Mai Geburtstag hat. Das Jugendamt Neukölln half der 35-Jährigen, die von Arbeitslosengeld II lebt, bei der Stiftung „Hilfe für die Familie“ Unterstützung für eine Reise zu beantragen. Von dem Geld soll auch ein Detektiv finanziert werden, um den Aufenthaltsort der Kinder ausfindig zu machen. Neuköllns Jugendstadtrat Thomas Blesing (SPD) weiß zwar, dass eine solche Reise riskant ist: „Aber die Hoffnung darf man nicht aufgeben.“

Sowohl Izdihar Al-B. als auch ihr Mann hatten das Sorgerecht für die Kinder, so dass sie regelmäßig bei ihm zu Besuch waren. Diesen Umstand nutzte er aus, um die drei ins Ausland zu bringen. Nach dem Mann wird mit internationalem Haftbefehl gefahndet. Unterstützung von ihrer aus dem Libanon stammenden Familie hat die Frau nicht; diese habe sie verstoßen, sagt ihr Anwalt Roland Weber.

Izdihar Al-B. will jetzt versuchen, ihren Gerichtstermin Ende März für die Scheidung vorzuverlegen, um dann sofort abreisen zu können: „Denn solange ich noch als seine Frau gelte, kann ich dort festgehalten werden.“ Zunächst will sie in Kuwait und in Syrien nach ihren Kindern suchen. Gestern habe das Auswärtige Amt sie gewarnt, in den Irak zu fahren, da es dort zu gefährlich sei. Sie will sich davon aber nicht abbringen lassen. „Wenn ich die Kinder in den anderen beiden Ländern nicht finde, dann fahre ich in den Irak.“ Inzwischen hat ein Fernsehteam ihr angeboten, sie bei der Reise zu begleiten.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes kommt es immer wieder vor, dass Kinder von ihren arabischstämmigen Vätern in deren Heimat entführt werden. Zahlen könne man keine nennen, aber sämtliche deutschen Botschaften in den arabischen Ländern seien ständig mit diesen Fällen befasst, sagte ein Sprecher. Die rechtlichen Möglichkeiten der Mütter, ihre Kinder zurückzubekommen, seien gering, da die Länder nicht dem Haager Abkommen beigetreten sind, das die Rückgabe gekidnappter Kinder regelt.

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