zum Hauptinhalt

Berlin: Gefühlskalt – aber voll schuldfähig

Gutachten zum Alba-Mordprozess

Krank ist Sven H. nicht. Er tötete aus Sicht eines Psychiaters auch nicht im Affekt. Der 24-jährige H., der auf dem Alba-Recyclinghof in Mahlsdorf seine 26-jährige Kollegin Nicole J. brutal misshandelt, vergewaltigt und durch Stiche in den Rücken umgebracht hatte, ist nach dem Gutachten voll schuldfähig. Sven H. sei ein gefühlskalter Mensch, erklärte der Sachverständige am Montag im Mordprozess.

Eine Persönlichkeitsstörung mit „dissozialen und schizoiden Zügen“ liege bei Sven H. zwar vor, von Krankheitswert aber sei diese nicht. „Letztlich wissen wir nicht, was emotional in ihm vorgegangen ist“, sagte der Gutachter. Es könnte H. darum gegangen sein, Macht auszuüben. Wut und Ärger über sein Leben spielten möglicherweise eine Rolle. Dass H. ein von ihm am Computer oft gespieltes Killerspiel auf einem „anderen Level“, also im echten Leben, fortsetzen wollte, sei nicht zu erkennen. Ob ihn womöglich eine sexuelle Perversion trieb, ließ sich aufgrund der dürftigen Angaben von H. nicht beantworten.

Sven H. saß regungslos im Saal und hörte konzentriert zu. Der Gabelstaplerfahrer war am 7. Januar pünktlich zur Nachtschicht angetreten. Er schnitt sich in den Finger, wurde wütend, dachte: „Es muss einen Kick geben, jemanden echt zu töten.“ Er schlich in den Damen-Umkleideraum. Dort stand Nicole J., die Feierabend hatte. Er griff sie von hinten an. „Ein geiles Gefühl“, sagte er später. Nachdem er die Leiche in einen Container geworfen hatte, ging er zurück an den Arbeitsplatz.

Der Gutachter sprach lange mit Sven H., dessen Wesen aber sei schwer zu ergründen. „Er ist einer, der keinen Zugang zu seinen Gefühlen hat“, befand der Psychiater. Kühl sei es auch in der Familie zugegangen. „Ein latent feindseliges Milieu.“ Der Vater, ein Alkoholiker, der den Sohn schlug, dann ein Stiefvater, der nach Angaben von H. die Rolle nahtlos übernahm. Sven H. fiel in seiner Jugend mehrfach als Dieb auf, nicht aber als Gewalttäter.

Der Ankläger wollte wissen, ob Sven H. weiter gefährlich, eine „tickende Zeitbombe“ sei. Der Gutachter blieb zurückhaltend. Die Richter werden ihr Urteil wohl am Donnerstag fällen. Sie haben schon den Hinweis erteilt, dass als Mordmotiv neben Heimtücke auch Mordlust in Betracht kommt. K.G.

Zur Startseite