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Signieren fürs Wasser. Aktivistin Ulla Putze-Breidenstein (rechts) sammelte am S-Bahnhof Greifswalder Straße.

© Paul Zinken

Update

Gegen Privatisierung: Senat wird Volksentscheid nicht bekämpfen

Für das Volksbegehren "Schluss mit Geheimverträgen - Wir Berliner wollen unser Wasser zurück" sind 265.400 Unterschriften an die Landesabstimmungsleiterin übergeben worden - mehr als nötig.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Volksbegehren zur Offenlegung der Verträge, mit denen 1999 die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe besiegelt wurde, zeigt erste Wirkung. Finanzsenator Ulrich Nußbaum und die privaten Investoren RWE und Veolila starten in den nächsten Tagen zu einer ersten Verhandlungsrunde über die Frage, ob und in welchem Umfang die Geheimverträge veröffentlicht werden können. Beide Mitgesellschafter hätten Gesprächsbedarf angemeldet, sagte der Sprecher der Finanzverwaltung, Daniel Abbou.

Am Mittwoch um 13 Uhr übergab die Initiative „Berliner Wassertisch“ der Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach 265 400 Unterschriften. Sie werden binnen 15 Tagen geprüft. Das Volksbegehren ist erfolgreich, wenn etwa 172 000 Unterschriften (sieben Prozent der Wahlberechtigten) gültig sind. Spätestens vier Monate nach Veröffentlichung des Ergebnisses muss ein Volksentscheid über ein „Gesetz für die vollständige Offenlegung“ der Privatisierungsverträge stattfinden, das der Wassertisch zur Abstimmung stellt. Die Initiative favorisiert einen Termin Ende Februar.

Das Besondere an diesem Volksentscheid ist, dass die rot-rote Landesregierung auf derselben Welle schwimmt. Beim stadtweiten Streit um den Flughafen Tempelhof und den Ethik- und Religionsunterricht war das anders. Schon 2009 haben SPD und Linke auf Landesparteitagen den Senat aufgefordert, gesetzliche Grundlagen für die Offenlegung der Verträge zu schaffen. Ein Vertragswerk, das durch großzügige Renditezusagen und umstrittene Vorgaben für die Tarifkalkulation einen maßgeblichen Beitrag für hohe Wasserpreise leistet. Zulasten der Verbraucher und zugunsten der Investoren und des Landes Berlin, die gemeinsam hohe Gewinne einstreichen. Jährlich dreistellige Millionenbeträge.

Deshalb wurde im Juli dieses Jahres das Informationsfreiheitsgesetz geändert und die Veröffentlichung von Verträgen im Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge zur Regel gemacht. Das Gesetz ermöglicht es auch, dass der Senat notfalls gegen den Willen der Miteigentümer RWE und Veolia das strikt vertrauliche Vertragswerk offenlegt. Dafür gilt allerdings eine sechsmonatige Frist, die jetzt für Verhandlungen mit den Investoren genutzt werden soll. „Wir stehen für solche Gespräche zur Verfügung“, bestätigte am Mittwoch der Sprecher von Veolia in Berlin, Matthias Kolbeck.

Rot-Rot hofft auf einen raschen Erfolg dieser Verhandlungen, denn eine zwangsweise Offenlegung der Verträge wäre wegen der gesetzlichen Halbjahresfrist vor dem Volksentscheid nicht mehr möglich. Auf eine Kampagne der Regierung gegen die Volksabstimmung wollen SPD und Linke verzichten, kündigten die Fraktionschefs Michael Müller (SPD) und Udo Wolf (Linke) an. Ihr Problem ist es, dass sie den Gesetzentwurf der Initiative Wassertisch aus rechtlichen Gründen nicht übernehmen können, um den Volksentscheid zu vermeiden. Denn der sieht vor, dass die Privatisierungsverträge unwirksam werden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres offengelegt werden.

„Das Landesverfassungsgericht würde eine solche Klausel sofort kassieren“, sagte Udo Wolf. Diese Meinung vertritt auch der Senat. SPD-Fraktionschef Müller hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Regierung noch vor dem Volksentscheid das Landesverfassungsgericht bittet, den zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf zu überprüfen. Der Sprecher des Wassertisches, Thomas Rudek, machte am Mittwoch erneut deutlich, dass seine Initiative nicht kompromissbereit ist, also auf ihrem Entwurf besteht.

Das eigentliche Problem, die hohen Wasserpreise, wird mit der Offenlegung der Verträge nicht gelöst. Die Privatinvestoren haben ihre Bereitschaft, über eine Nachbesserung des Vertragswerks zu verhandeln, vorerst zurückgezogen. Jedenfalls bis das kartellrechtliche Verfahren gegen die Wasserbetriebe, das Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) angestrengt hat, beendet ist. SPD-Chef Müller kritisierte Wolf. „Er hätte sich schon vor Jahren um Verhandlungen zur Korrektur der Verträge bemühen können.“

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