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Berlin: Geheime Abstimmungen sind selten

Das Parlament lebt vom offenen Schlagabtausch

Müssen SPD und Linkspartei/PDS nach Wowereits Wahlpleite am Donnerstag jetzt ständig um ihre knappe Mehrheit im Abgeordnetenhaus bangen? Rein abstimmungstechnisch nicht. Denn es gibt laut Gesetz nur ein parlamentarisches Votum, das geheim erfolgen muss. Und das ist die Wahl der Richter für das Landesverfassungsgericht, für die sogar eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist.

Aber die meisten Beschlüsse des Abgeordnetenhauses werden mit einfacher Mehrheit und in offener Abstimmung gefasst. So will es die Berliner Verfassung. Selbst die Wahl des Regierenden Bürgermeisters „mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen mit verdeckten Stimmzetteln“ ist weder verfassungs- noch landesrechtlich, sondern nur in der Geschäftsordnung des Parlaments festgeschrieben. Und die geheime Wahl des Abgeordnetenhauspräsidenten und der Stellvertreter beruht lediglich auf einer parlamentarischen Konvention. Sie könnte auch, wenn alle Fraktionen damit einverstanden wären, offen erfolgen. Die übrigen Präsidiumsmitglieder werden ohnehin durch Handaufheben ins Amt gebracht. Das gilt in der Regel auch für andere Personenwahlen. Kaum eine Plenarsitzung vergeht, in der nicht Stiftungsbeiräte, Kuratorien, ehrenamtliche Ausschüsse, der Deutsche Städtetag usw. zu besetzen sind. Alle diese Wahlen können – laut Geschäftsordnung – „in einfacher Mehrheit durch Zuruf“ erfolgen. Nur wenn „dem widersprochen“ wird, müssen Stimmzettel und Wahlurnen her.

Bei Gesetzen und Sachanträgen hat die Opposition aber nur die Möglichkeit, eine namentliche Abstimmung oder einen „Hammelsprung“ zu erzwingen, um die persönliche Zuordnung eines Votums oder exakte Mehrheiten feststellen zu lassen. Beides hat mit Geheimhaltung nichts zu tun. Jeder Abgeordnete muss sich zu seiner Entscheidung bekennen. Das gilt auch für einen Misstrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister oder für Missbilligungsanträge gegen einzelne Senatsmitglieder.

Knappe Mehrheiten erfordern also „nur“ strenge Anwesenheitsdisziplin – und den koalitionsinternen Konsens. Das gilt erst recht für die Parlamentsausschüsse, in denen Rot-Rot nicht drei, sondern jeweils nur eine Stimme Mehrheit hat. Zwar haben sich SPD und Linkspartei im Koalitionsvertrag versprochen, „nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen“. Aber Papier ist geduldig. za

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