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Berlin: Geiselnahme im Gefängnis vereitelt

Häftling bedrohte Krankenschwestern mit Messer. Die Frauen sperrten den Mann kurzerhand ein

Es begann fast wie im Fernsehfilm „Die Geisel“, der am Mittwochabend in der ARD gesendet wurde: Da hatte ein Häftling zunächst eine Sozialarbeiterin, dann die Gefängnisdirektorin mit dem Messer bedroht, um seine Freilassung zu erzwingen. Freitag früh schien in der Haftanstalt Tegel die Filmvorlage Wirklichkeit zu werden. Ein 34jähriger Häftling hatte sich medizinisch untersuchen lassen und die Gelegenheit genutzt, zwei Krankenschwestern mit dem Messer zu bedrohen. Sie sollten ihm den Weg zum Ausgang freimachen. Die Frauen ließen sich jedoch nicht einschüchtern. Sie sperrten den Mann kaltblütig und kurzentschlossen ein. Die Geiselnahme konnte verhindert werden.

Nach Angaben der Justiz hatte der Häftling die zwei Frauen mit einem Teppichmesser (Cutter) bedroht. Die Krankenschwestern, 44 und 49 Jahre alt, behielten die Nerven. Sie sprachen ruhig auf den Mann ein und schlugen ihm vor, ihn zunächst in einen Warteraum zu führen. Der Mann hielt das Messer drohend in die Luft, folgte aber. Dort angekommen, verließen die Krankenschwestern blitzschnell den Raum und verriegelten die Tür. Draußen alarmierten sie das Sicherheitspersonal, das wenig später den Raum aufschloss. Der Häftling war offenbar so überrascht, dass er sich widerstandslos festnehmen ließ. Wo der Gefangene das Messer her hatte, muss noch geklärt werden.

Nach Auskunft der Justizverwaltung hatte sich der Zwischenfall gegen 6.45 Uhr ereignet. Der Häftling soll zuvor über Kreislaufprobleme geklagt haben. Bei der medizinischen Untersuchung in der Arztgeschäftsstelle schob der Gefangene einer Schwester einen Zettel zu, auf dem stand: „Betrachten Sie dies als eine Geiselnahme, ich bin mit einem Katermesser bewaffnet. Ich möchte, dass Sie mich zur Pforte/Ausgang bringen.“ Die Schwester ließ sich nichts anmerken, zeigte den Zettel ihrer Kollegin. Beide forderten dann den Häftling zu seiner Überraschung ruhig und gefasst auf, „bitte noch kurz im Warteraum Platz zu nehmen“.

Die Frauen wurden anschließend psychologisch betreut. Der Häftling sitzt wegen eines Sparkassen-Überfalls in Haft. Auch bei dieser Tat im Januar 2002 hatte er den Angestellten einen Zettel zugeschoben, auf dem er mit Messergewalt drohte. Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) lobte gestern die Krankenschwestern für ihre „besonnene und souveräne Reaktion“. Durch ihre Geistesgegenwart hätten sie die „objektiv gefährliche Situation entschärft“.

Im Film „Die Geisel“ hatte sich die Gefängnisdirektorin dem Häftling als Ersatz für die bedrohte Sozialarbeiterin angeboten. Es gelang ihr nach einem längeren, ruhigen Gespräch, den bewaffneten Geiselnehmer zur Aufgabe zu bewegen – noch bevor ein Sondereinsatzkommando der Polizei die Haftanstalt stürmte. C. v. L.

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