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Berlin: Gelähmt mit kräftigen Waden?

Eine Ärztin belastet mutmaßlichen Simulanten

Der Rollstuhl ist geblieben, doch der mutmaßliche Simulant und Sozialbetrüger Wolfgang S. wirkt recht aufgeweckt. „Als Sie bei mir waren, habe ich niemals eine kurze Hose getragen“, fuhr der Angeklagte gestern, nach siebenmonatiger Verhandlung, eine Ärztin an. Zwölf Jahre lang soll der 55-Jährige den Gelähmten gespielt und sich so bis zum Pflegegeld der Stufe III vorgearbeitet haben. Leistungen in Höhe von 240 000 Euro hat sich der frühere Kohlenträger laut Anklage erschlichen. Im Juli 1991 bekam er erstmals eine Rente, seit 1995 Pflegegelder. Er soll Ärzte und Gutachter genarrt haben. „Patient kann den Kopf nur wenige Zentimeter heben, linker Arm gelähmt“, hieß es in einem Gutachten.

Vor acht Jahren war die Zeugin bei dem angeblichen Pflegefall. Sie habe S. aber nicht untersuchen können, sagte die Ärztin. „Er konnte angeblich nicht sprechen und sich absolut nicht bewegen.“ Beobachtungen machten sie stutzig. Der Rollstuhl, dessen Sitzfläche wie neu war. Oder ein Blick auf die Wade des angeblich Bettlägerigen. „Die Muskulatur war sehr gut ausgeprägt.“

Die Ärztin empfahl eine Begutachtung – ohne Erfolg. Herausgekommen waren die Betrügereien 2003 durch andere Strafverfahren. Eine Frau soll er mehrfach vergewaltigt und geschlagen haben. Für die Taten zwischen 1999 und 2002 wurde er zu sieben Jahren Haft verurteilt. Im jetzigen Prozess präsentierten Zeugen Fotos, die ihn lange nach 1991 mopsfidel beim Segeln oder Tanzen zeigen. Vor allem seine Ex-Frauen hatten S. belastet. Der Prozess wird am 20. Juni mit einem Gutachter fortgesetzt. Zum Urteil könnte es Anfang Juli kommen. K. G.

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