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Es geht um viel Geld, vor allem für Berlin. Bis 2020 wird der Länderfinanzausgleich reformiert.

© Kitty Kleist-Heinrich

Geld für das Nehmerland Berlin: Bitte nichts ändern!

Bei der Reform des Länderfinanzausgleichs beharrt Berlin auf der Einwohnerwertung, die 3,5 Milliarden Euro wert ist. Die Senatsfinanzverwaltung legte ein Positionspapier vor.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Berliner Senat will den Länderfinanzausgleich, der über drei Milliarden Euro jährlich in die Landeskasse spült, möglichst unverändert beibehalten. Besonders die Einwohnerwertung, die den finanziellen Mehrbedarf der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen anerkennt, sei „überlebenswichtig“. Das steht in einem Positionspapier für die bevorstehenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zur Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs.

Die Einwohnerwertung, die vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt wurde, berücksichtigt die besondere Rolle der Stadtstaaten als „Hauptstädte ohne Umland“. Denn anders als München oder Frankfurt am Main müssen die drei Stadtstaaten auf Zuschüsse der sie umgebenden Flächenländer (zum Beispiel für Hochschulen, Krankenhäuser, Kultureinrichtungen oder die Polizei) verzichten. Ihnen steht auch kein kommunaler Finanzausgleich zu. Dieser erhebliche Nachteil wird dadurch ausgeglichen, dass bei der Berechnung des Länderfinanzausgleichs die Einwohnerzahl fiktiv erhöht wird: auf 135 Prozent. Das bringt viel Geld in die Kasse. Wenn die Einwohnerwertung komplett gestrichen würde, müsste Berlin jedes Jahr auf 3,5 Milliarden Euro verzichten, rechnete die Finanzverwaltung des Senats vor.

Anders gesagt: Berlin bekäme kein Geld mehr aus dem Länderfinanzausgleich, würde vielleicht sogar zum Geberland. „Ein existenzgefährdender Verlust“, wird im Positionspapier der Finanzverwaltung gewarnt. Deshalb käme in den Verhandlungen mit Bund und Ländern „der Beibehaltung der Einwohnerwertung eine Schlüsselrolle zu“. Alle anderen Elemente des Finanzausgleichs seien für Berlin weniger wichtig. Trotzdem hätte der Senat nichts dagegen, wenn mit der Reform des Finanzausgleichs ab 2020 die Altschulden der Länder komplett auf den Bund übertragen würden. Die Zinslasten sollten aus dem Solidaritätszuschlag finanziert werden. Die Bundesländer, die diesen Vorschlag Hamburgs unterstützen, sind allerdings deutlich in der Minderheit. Berlin hat derzeit rund 61 Milliarden Euro Schulden und zahlt dafür jährlich zwei Milliarden Euro Zinsen. Eine Übernahme der Kreditschulden könnte den Landeshaushalt demnach kräftig entlasten.

Zum Forderungskatalog des Senats gehört auch, dass der Bund sich mehr als bisher an den Sozialausgaben beteiligt, die die Länder und Kommunen belasten. Bereits übernommen wurden die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Berlin spart so jährlich über 400 Millionen Euro. An den Eingliederungshilfen für Behinderte, die im Landeshaushalt jedes Jahr mit über 700 Millionen Euro zu Buche schlagen, will sich der Bund ebenfalls beteiligen. Darüber hinaus hält es der Senat für angebracht, wenn auch die Kosten der Unterkunft, das Wohngeld, die Sozialhilfe im engeren Sinn, das Bafög, Asylbewerberleistungen und die Hilfen zur Erziehung wenigstens teilweise aus dem Bundeshaushalt beglichen werden.

Eine Herauslösung Berlins aus dem Länderverbund (nach dem Modell von Washington D.C.) wird vom Senat strikt abgelehnt. „Die finanzielle Ausstattung Berlins wäre damit in das Belieben des Bundes gestellt“, heißt es im Positionspapier. Das wäre gleichbedeutend mit einer „weitgehenden Einschränkung der politischen Handlungsmöglichkeiten Berlins“. Zudem verletze ein solches Modell in verfassungswidriger Weise das Bundesstaatsprinzip.

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