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Weg mit den Pappbechern. Allein in Berlin werden jährlich 170 Millionen Coffee-to-go-Becher weggeworfen, kritisiert Hanna Grießbaum von der Umwelthilfe.

© picture alliance / dpa

Gemeinsame Sache in Berlin-Mitte 2015: Mitte: Straße frei für die Becherhelden

Schluss mit Müll-to-go: Die Aktivisten der Umwelthilfe wollen die Flut der Kaffeebecher eindämmen.

Spontaner Test in einer Starbucks-Filiale. Thomas Fischer, Kreislaufwirtschaftsexperte der Deutschen Umwelthilfe, stellt seinen grünlich schimmernden Isolierbecher auf die Theke und bestellt einen Kaffee-Latte. Kein Problem, die Mitarbeiterin klebt einen Zettel mit dem Kundennamen drauf, bucht einen 30-Cent-Rabatt in die Kasse und gibt den Becher zum Befüllen weiter.

Thomas Fischer, nach eigenen Angaben ein Kaffeejunkie, hat die Umwelt vor einem Einwegpappbecher bewahrt. Mithilfe von Starbucks. Gehört die US-Kaffeekette jetzt zu den Guten? Fischer zögert. Ein bisschen Ja, aber eigentlich eher Nein. Die meisten Gäste sitzen fröhlich vor ihren Coffee-to-go-Bechern, obwohl sie sich gar nicht fortbewegen. Und die Starbucks-Mehrwegbecher verstauben unbenutzt im Verkaufsregal. So ernst mit der Umwelt meint es die Kaffeekette dann wohl doch nicht.

Protestkaffeetrinken auf dem Alexanderplatz

Die Umwelthilfe hat in diesem Jahr die Kaffeebecherflut ins Visier genommen. Nach einer erfolgreichen Kampagne gegen Plastiktüten vor zwei Jahren will die Organisation nun den sorglosen Ex-und-Hopp-Umgang mit Millionen von Pappbechern stoppen. Am Aktionstag, dem 18. September, veranstaltet die Umwelthilfe ein Protestkaffeetrinken auf dem Alexanderplatz, mit eigens für die Kampagne hergestellten Mehrwegbechern mit dem Schriftzug Becherheld.

Ein Becherheld spart Ressourcen, Geld und vermeidet Abfallberge. Um das zu untermauern, hat die Umwelthilfe erschreckende Zahlen ermittelt: Pro Jahr werden in Deutschland 2,8 Milliarden Einwegkaffeebecher verbraucht. Würde man diese Becher aneinanderlegen, ergäbe sich eine Kette, die sieben Mal die Erde umrundet. Um diese Menge herzustellen, müssen 43 000 Bäume gefällt sowie 1,5 Milliarden Liter Wasser und 320 Millionen Kilowattstunden Energie bereitgestellt werden. Nach der Benutzung – sie dauert in der Regel nur 15 Minuten – entstehen 40 000 Tonnen Abfall.

Kaffeebechersteuer von 20 Cent pro Stück

Da lässt sich eine Menge schlechtes Gewissen anhäufen, doch das Bewusstsein, die Umwelt zu belasten, sei bei den meisten Verbrauchern noch gar nicht entwickelt, sagt Fischer. Berlin als Hochburg der mobilen Kaffeetrinker mache da keine Ausnahme.Weil die Umwelthilfe wenig Geld hat, setzt die Kampagne nicht auf Großplakate und Zeitungsanzeigen, sondern versucht, die Backshop- und Kaffeeketten auf ihre Seite zu ziehen.

Man sei mit mehreren Ketten im Gespräch, sagt Fischer. Sie sollen ein Mehrwegsystem aufbauen und ihre Kunden dafür gewinnen, gemeinsam die Umwelt zu entlasten.

Nebenbei könnten die Unternehmen auch noch Geld sparen, denn die Produktion riesiger Mengen an Einweg-Kaffeebechern verschlinge viele Millionen Euro. Finanziert wird die Kampagne übrigens von der Initiative Trenntstadt der Berliner Stadtreinigung (BSR).

Becherheld. Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe.
Becherheld. Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe.

© Fabiana Zander Repetto

Weil sich der Handel ungern von bequemen Einwegsystemen löst, möchte die Umwelthilfe die Motivation etwas ankurbeln, mithilfe einer Kaffeebechersteuer von 20 Cent pro Stück. In Umfragen hätten sich 75 Prozent der Berliner schon dafür ausgesprochen, sagt Fischer. Auch Umweltpolitiker aus SPD und CDU hatten sich im Frühjahr für eine solche Steuer ausgesprochen, der Fraktionsvorstand der CDU ruderte aber sogleich zurück. Niemand habe die Absicht, eine neue Steuer oder Abgabe einzuführen. Die Chancen, dass Berlin eine Bechersteuer verhängt, sind also derzeit gering. Auch hier bräuchte es mehr Druck aus der Gesellschaft.

Hygiene ist ein Problem

Die Industrie hält dagegen. Einwegbecher seien hygienischer und kostengünstiger als eine Mehrwegverpackung, erklärt der Verein Pro-S-Pack. Zudem gebe es schon komplett kompostierbare Biobecher. Das Thema Hygiene ist tatsächlich ein Problem, wenn der Nutzer seinen eigenen Becher mitbringt und mehrmals am Tag befüllen lässt. Deshalb plädiert Fischer für eine Pool-Lösung, also einen Zusammenschluss der Kaffeeketten, die sich auf einen Mehrwegstandard einigen und ihre Becher gegenseitig akzeptieren. Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg.

Die BSR weiß nicht, wie viele Kaffeebecher im Restmüll landen, obwohl sie als Verpackungsmüll eigentlich recycelt werden müssten. Die Menge an Verpackungen, die im Müll landen, nehme insgesamt zu, erklärt die BSR. Dabei sollte das Duale System, also der Grüne Punkt, ursprünglich mal dafür sorgen, dass weniger Verpackungen im Umlauf sind.

Am Freitag, dem 18. September, ruft die Umwelthilfe ab 16 Uhr zu einem Protestkaffeetrinken am Alexanderplatz auf. Infos: www.duh.de

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