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Über 30 Taucher befreiten die ufernahen Bereiche des Tegeler Sees von Unrat - eben alles, was in Wurfweite ist.

© Matthias Jauch

Gemeinsame Sache in Reinickendorf 2015: Mit Norbert Lammerts Segen im Tegeler See

Dank indischer Spiritualität, Facebook-Freunden und historischem Verantwortungsbewusstsein machten die Menschen in Reinickendorf "Saubere Sache" und "Gemeinsame Sache".

Alles in Wurfweite

„Wir reinigen auch schon mal ehrenamtlich die Gewässer vor Curacao“, sagt Can Öter nicht ohne Stolz. Das ist, natürlich, mal eine Ansage. Heute geht es aber um den Tegeler See. Über 30 Taucher des Tauchclubs samt Tauchschule „Dive’n Berlin“ sind vor Ort. Tauchlehrer betreuen die Jüngeren und Unerfahrenen. Zusammen nehmen sie sich über einen Kilometer Uferfläche und ufernahes Gewässer vor. „Da liegt am meisten. Wo man wurftechnisch eben gut hinkommt“, sagt der 27-Jährige.

Bis zum frühen Samstagnachmittag kommen vor allem Plastikmüll oder Einkaufswagen zum Vorschein. „In den letzten Jahren waren auch mal Tresore oder Metalltonnen dabei, selbst kleinere Waffen“, sagt eine junge Taucherin. „Es ist jedes Jahr allerdings mindestens eine halbe Tonne Müll.“

Seit 2006, dem Jahr ihrer Gründung, reinigen die Taucher des Clubs einmal im Jahr den Tegeler See. „Norbert Lammert hat hierfür sogar eine Patenschaft übernommen“, freut sich Öter. „Bei den Aktionstagen helfen wir dann natürlich auch.“

Indische Inspiration im Festplatzwäldchen in Reinickendorf

Ein Hauch indischer Spiritualität kann nicht schaden. Die sieben Helfer, die sich im Festplatzwäldchen in Reinickendorf zum Saubermachen zusammengefunden haben, sind über den Verein „Amrita Indienhilfe“ organisiert. „Wir sind inspiriert von den indischen ‚embracing the world’-Hilfsaktionen“, sagt Marco Hackenberg, der heute barfuß unterwegs ist. „Das ist eigentlich so ein schönes und naturbelassenes Wäldchen. Leider ist es so verdreckt“, sagt der 34-jährige Softwareentwickler.

Eigentlich naturbelassen, aber doch oft verdreckt: das Festplatzwäldchen in Reinickendorf. Am Sonnabend reinigten Freiwillige der "Amrita Indienhilfe" es.
Eigentlich naturbelassen, aber doch oft verdreckt: das Festplatzwäldchen in Reinickendorf. Am Sonnabend reinigten Freiwillige der "Amrita Indienhilfe" es.

© Matthias Jauch

Auch Christine Simon, Anfang 40, ist mit ihrer siebenjährigen Tochter gekommen. „Mama, kann dieser Klumpen zum Müll?“, fragt sie. „Nein, das ist ein Schneckenhaus, das gehört hierher“, erklärt Simon ihrer Tochter.

Es kommt dennoch rasch einiges an Müll zusammen. Viele Bierflaschen, Plastikmüll, Autoreifen und selbst ein im Waldstück entsorgtes Chemieklo. Sieben große Mülltüten füllen sich schon in den ersten 30 Minuten. „Das Wäldchen  kriegen wir schon wieder sauber“, sagt Christine Andresen, 29 Jahre alt. Bei diesem Einsatz bestimmt.

Krokusse beim Gebowag-Fest

Der Andrang in der Wohnanlage in der Zobeltitzstraße in Reinickendorf ist am Samstagvormittag bereits groß. Etwa 60 Eltern und Kinder sind zum Pflanzen von Krokussen und dem gleichzeitigen Herbstfest der Gebowag gekommen.

Krokusse fanden den Weg ins Beet beim Herbstfest der Gewobag in der Zobeltitzstraße in Reinickendorf.
Krokusse fanden den Weg ins Beet beim Herbstfest der Gewobag in der Zobeltitzstraße in Reinickendorf.

© Matthias Jauch

Nach und nach greifen sich vor allem die Kinder Schaufeln und Blumenzwiebeln und ziehen ihre Eltern mit zu den Grünflächen.

Darunter ist Heike Strehlau. Ihre beiden Söhne, neun und elf Jahre alt, muss sie beim Bepflanzen aber noch etwas anleiten. „Für die Kinder ist das super, sie machen hier wertvolle Erfahrungen“, sagt die 44-Jährige. Und weiter: „Der Kiez hat viele Senioren und einen hohen Migrantenanteil. Solche Aktionen fördern unser gutes Zusammenleben.“ Sandra Lemke vom Verein „Charity Jam“ hat auch die Kinderarmut im Bezirk im Blick: „Wir wollen die Kinder auch sinnvoll beschäftigen. Das tun wir hier.“

Nach dem Bepflanzen stärken sich die Anwohner an den Essenständen der Gebowag. Für die Kleinen gibt es eine Tombola, Dosenwerfen und Schminke. „Hier ist ein toller Andrang. Vor allem das Kinderschminken kommt gut an“, freut sich Lemke.

Wer Tegel liebt, bepflanzt Baumscheiben

In Alt-Tegel, kurz hinter der Fußgängerzone, ist am Samstagvormittag Felix Schönebeck aktiv. Ursprünglich, vor wenigen Monaten, fing alles mit einer Facebook-Gruppe namens „I love Tegel“ an, die er mit guten Freunden gründete. Mittlerweile folgen über 3000 Menschen den Einträgen auf der Gruppenseite.

Schnell entwickelte sich eine Eigendynamik zum ehrenamtlichen Engagement hin. Das Putzen der Kanonen an der Greenwich-Promenade, der frische rote Anstrich einer englischen Telefonzelle – Schönebeck und seine Freunde sind sonst schon aktiv. Und heute? Baumscheiben bepflanzen.

"I love Tegel": Felix Schönebeck hob einst eine gleichnamige Facebook-Gruppe aus der Taufe. Am Sonnabend setzt er mit Online- und Offline-Freunden Blumen in Baumscheiben in Alt-Tegel.
"I love Tegel": Felix Schönebeck hob einst eine gleichnamige Facebook-Gruppe aus der Taufe. Am Sonnabend setzt er mit Online- und Offline-Freunden Blumen in Baumscheiben in Alt-Tegel.

© Matthias Jauch

„Wir setzen vor allem auf winterfeste Blumen, etwa Gartennelken, Herbstastern und Scheinbeeren, damit die Menschen im Bezirk möglichst lange etwas davon haben“, sagt der 25-jährige Jura-Student. „Mit ein paar Handgriffen kann man hier schon viel erreichen“, sagt er.

„Wir wollen für ein lebenswertes Umfeld sorgen“, ergänzt Farid Jaddon, der ein paar Meter weiter ein Café führt. Die Blumenerde spendete das Rathaus Reinickendorf, die Blumen ein lokales Immobilienunternehmen. Wir sind froh, dass wir hier etwas schaffen können“, sagt Schönebeck.

Ein bisschen Farbe für den Kiez am Emstaler Platz

Die Stimmung am Emstaler Platz ist anfangs noch etwas verhalten. Gerade monierten Anwohner, die sich nicht engagieren werden, dass das Ergebnis des Pflanzens im letzten Jahr nicht ganz so schön gewesen sei. „Leider sind auch nicht allzu viele Mieter hier, aber insgesamt mehr als im letzten Jahr“, sagt Brigitte Meyer, 68 Jahre alt, vom Mieterbeirat.

Fegen, Müll sammeln, Beete bepflanzen: Das stand für Anwohner und Gebowag-Mitarbeiter am Emstaler Platz auf dem Programm.
Fegen, Müll sammeln, Beete bepflanzen: Das stand für Anwohner und Gebowag-Mitarbeiter am Emstaler Platz auf dem Programm.

© Matthias Jauch

Bernhard Kobbert und seine Lebensgefährtin Bianca Warnke, selbst Anwohner am Emstaler Platz, lassen sich davon nicht abschrecken und packen lieber mit an. „Wir wollen ein bisschen Farbe in unseren Kiez bringen. Im Frühjahr blühen dann die Krokusse auf, die wir jetzt pflanzen. Das ist doch toll“, freut sich der 50-Jährige. „Es macht uns einfach Spaß, unseren Platz zu verschönern. Und es gibt hier einiges zu tun“, ergänzt Warnke, 55 Jahre alt.

Auch Fegen und Müll einsammeln steht auf dem Plan – und Gebowag-Mitarbeiter helfen mit. „Es ist ein schönes Zusammensein und fördert unsere Nachbarschaft. Ich bin heute gerne hier“, sagt Karin Mommert von der Gebowag.

Liberale wienern 70 Stolpersteine

In die Knie gehen an beiden Tagen der „Sauberen Sache“ 15 Mitglieder der FDP Reinickendorf. Sie reinigen am Freitag und am Samstag 70 von 160 Stolpersteinen im Bezirk, und zwar in den Ortsteilen Wittenau, Reinickendorf, Waidmannslust, Heiligensee und Konradshöhe.

70 Stolpersteine hat die Reinickendorfer FDP am Freitag und am Samstag gereinigt.
70 Stolpersteine hat die Reinickendorfer FDP am Freitag und am Samstag gereinigt.

© Promo

Die FDP wolle damit gleichzeitig an das Leid politisch Verfolgter erinnern und ein Zeichen für die Wahrung des Asylrechts setzen, erklärt der Bezirksvorsitzende Andreas Vetter. Deshalb verteilen die Liberalen parallel zur Reinigung auch ein entsprechendes Flugblatt. Stolpersteine erinnern, eingelassen in den Gehweg, stets vor jenem Ort an Opfer des Nationalismus, an dem jene einst wohnten.

Das Asylrecht in Deutschland ziehe „die historischen Lehren aus der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft“, stellen die Liberalen fest. Schutz und Hilfe in anderen Ländern habe vielen Menschen in der Nazi-Zeit das Leben gerettet.

Wirtschaftsjunioren renovieren Familientreff

Die Wirtschaftsjunioren Berlin und Familien aus dem Kiez nehmen sich am Sonnabend den Familientreff des Elisabethstifts in Wittenau vor. Gemeinsam begannen sie damit, den Treff in der Oranienburger Straße zu entrümpeln und umzubauen. Ziel ist es, schon bald weiteren Familien und Kindern zusätzliche und schönere Räumlichkeiten zum Austausch und Lernen zur Verfügung stellen zu können.

Die Wirtschaftsjunioren Berlin und Familien aus dem Kiez nahmen am Sonnabend die Renovierung des Familientreffs im Elisabethstift in Wittenau in Angriff.
Die Wirtschaftsjunioren Berlin und Familien aus dem Kiez nahmen am Sonnabend die Renovierung des Familientreffs im Elisabethstift in Wittenau in Angriff.

© Promo

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