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Berlin: Gemüse-Preise schlagen Kunden auf den Magen

Der Kunde des Schöneberger Gemüseladens ist sprachlos. Anfangs glaubte er noch, der Händler habe Mark und Euro verwechselt.

Der Kunde des Schöneberger Gemüseladens ist sprachlos. Anfangs glaubte er noch, der Händler habe Mark und Euro verwechselt. Aber er meint es ernst: zwei Euro fünfzig für den Kopfsalat, drei für den Bataviasalat, rund fünf beziehungsweise sechs Mark. "Hören Sie denn kein Radio?", fragt der Verkäufer. In Südosteuropa versänken die Felder im Schnee, die Zitronenbäume brächen unter der weißen Last zusammen. Klar, dass Obst und Gemüse jetzt mehr kosten. Importeure auf dem Fruchtgroßmarkt in Moabit bestätigen das. Im Vergleich zum ohnehin hohen Winterpreis müsse man für die Ware derzeit "mindestens das Doppelte nehmen", sagt Großhändler Otto Weihe, dessen Firma 300 bis 400 Einzelhändler in der Stadt versorgt. Frost, Schnee und Regen machten den südeuropäischen Obst- und Gemüsebauern einen Strich durch die Rechnung. Das gelte für die spanischen Regionen Almeria und Alicante, Anbaugebiet für Eisbergsalat, Zucchini, Auberginen und Paprika, ebenso wie für Süditalien, wo ein großer Teil des Kopf- und Ruccolasalates herkommt. Bauern kämen wegen des Schnees nicht an die Ernte, oder diese verfaule wegen zu großer Wassermengen. Die Stimmung auf dem Fruchtmarkt sei traurig, sagt Weihe. Derzeit käme "nur noch die Hälfte der sonst üblichen Ware an". Die Kiste Eisbergsalat, für die man vor sechs Wochen etwa sieben bis acht Euro hätte bezahlen müssen, gehe nun für 22 Euro über die Laderampe. Der Kistenpreis von Ruccola sei von sechseinhalb auf 20 Euro hochgeschnellt. Ähnlich sehe es für Auberginen, Zucchini und Paprika aus. So etwas habe er seit Jahren nicht erlebt, sagt Weihe. Von einer "Ausnahmesituation"spricht ein anderer Importeur: "Wir betteln der Ware hinterher." Preistreibend wirke sich aber auch der höhere Heizaufwand in den holländischen Gewächshäusern aus. Wegen der schlechten Witterung seien zudem die Transportkosten gestiegen. Viele Kunden reagieren verschnupft. "Zwanzig bis dreißig" Anrufe habe er schon bekommen, sagt Weihe. Die Anrufer verdächtigten die Händler, im Zuge der Euro-Umstellung an der Preisschraube zu drehen. Das sei keineswegs der Fall. "An Stammkunden verkaufen wir zum Einkaufspreis, zum Teil darunter." Einer der Händler vom Großmarkt sagt, dass der Kopf Eisbergsalat im Laden derzeit eigentlich 3.50 Euro kosten müsste - etwa sieben Mark.

Tobias Arbinger

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