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Berlin: Generalprobe am Reißverschluss

Gestern wurde das Tor schon einmal versuchsweise enthüllt / Neues Lichtkonzept

Von Stephan Wiehler

Wenige Tage vor seiner Premiere ist das rundum erneuerte Brandenburger Tor zum Schauplatz hektischer Proben geworden. Verhüllungskünstler haben den Reißverschluss-Vorhang bereits zugezogen, ein Hilfsakrobat hängt an dem Ballon, von dem aus Modemacher Willy Bogner am 3. Oktober den Latz des Nationalsymbols freischwebend öffnen will – wenn der Wind sich zurückhält. Ansonsten soll ein Kran am Reißverschluss ziehen. Bauleute, Techniker und Beleuchter treffen letzte Vorbereitungen für die Einheitsfeier. Nur die Siegesgöttin Viktoria strahlt der Uraufführung des für 4,3 Millionen Euro aufpolierten Tores mit der Gelassenheit 207-jähriger Bühnenerfahrung entgegen. Von Lampenfieber keine Spur. Dabei soll die betagte Dame im vierspännigen Streitwagen künftig wieder die Hauptrolle spielen und in der nächtlichen Dramaturgie des Bauwerks in besonderem Rampenlicht erstrahlen.

In der neuen Lichtarchitektur des Brandenburger Tores wird die Quadriga von 14 Leuchten als Ikone hervorgehoben und soll weithin sichtbar die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Doch auch insgesamt wird das sanierte Tor in den Abend- und Nachtstunden dem Betrachter in ganz neuem Licht erscheinen. „Eleganter, vielleicht auch majestätischer“ werde das Brandenburger Tor erstrahlen, verspricht Volker von Kardorff. Zwei Jahre lang haben sich der Berliner Ingenieur und seine Mitarbeiter darum bemüht, das symbolträchtige Bauwerk ins rechte Licht zu rücken. Und das bedeutete, das Tor auch in seiner Beleuchtung der neuen Umgebung am Pariser Platz anzupassen.

„Das Tor hat sich verändert. 1990 stand es allein auf weiter Flur wie ein verlassener Koffer“, erklärt Kardorff, der für sein Lichtkonzept Anfang 2000 den Zuschlag im Wettbewerb um die Beleuchtung erhielt. Durch die Bebauung des Pariser Platzes sei das Tor heute wieder in seiner ursprünglichen Gestalt als „Einfahrtstor in eine Stadt“ erkennbar. In der Lage zwischen dem ländlich anmutenden Tiergarten und dem urbanen Pariser Platz sah der 37-Jährige den „besonderen Reiz“ seiner Aufgabe, der er durch unterschiedliche Akzentsetzung des Lichts gerecht zu werden versuchte. Auf der dem Tiergarten zugewandten Seite soll eine starke Silhouettenwirkung des Lichts den Charakter als Eingangstor unterstreichen, während am Pariser Platz das Gesamtbauwerk als architektonisches Ensemble betont werden soll.

Erstrahlen soll das Tor aber auch bei Nacht vor allem in seinem eigenen Glanz. Bei der Beleuchtung ließen sich die Experten daher durch die Reflexionseigenschaften des Sandsteins leiten. „Ein warmes Glühlampenlicht“ wird das Brandenburger Tor nach den Worten seines Chefbeleuchters erhellen. 250 großenteils von Firmen gesponserte Lampen werden dafür eingesetzt, „hocheffektiv“ und energiesparend: Im Vergleich zur alten Beleuchtung kommt die neue mit 60 Prozent weniger Strom aus; auch, weil sich die Nachbarn am Pariser Platz bereit erklärt haben, auf eigene Fassadenbeleuchtung an ihren Bauten zu verzichten.

Für die Lichtplaner um Volker von Kardorff ist das Brandenburger Tor nur das erste Leuchtzeichen in der historischen Mitte. Bis Frühjahr 2004 wollen sie die Straße Unter den Linden bis zur Schlossbrücke in neuem Lichterglanz erstrahlen lassen.

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