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Berlin: Gerd Bräutigam baut in seinem Keller originalgetreue Gebäudemodelle - "Das Stadtschloss als Krönung"

Die Frage klingt eigentlich simpel und doch hat der Grünauer Gerd Bräutigam mehrere Monate gebraucht, um die richtige Antwort zu finden: Vor ungefähr 15 Jahren konnte dem Hobby-Modellbauer niemand genau sagen, welche Farbe der Eiffelturm hat. Aber ohne dieses Detail hätte er sein erstes eigenes Modell von einem europäischen Wahrzeichen nicht beenden können.

Die Frage klingt eigentlich simpel und doch hat der Grünauer Gerd Bräutigam mehrere Monate gebraucht, um die richtige Antwort zu finden: Vor ungefähr 15 Jahren konnte dem Hobby-Modellbauer niemand genau sagen, welche Farbe der Eiffelturm hat. Aber ohne dieses Detail hätte er sein erstes eigenes Modell von einem europäischen Wahrzeichen nicht beenden können. Und ein Besuch war einem Bewohner der DDR-Bürger nicht ohen weiteres möglich. Was tun? Bräutigam suchte alle ihm zugänglichen Archive und Bibliotheken auf, befragte Verwandte und Bekannte. Doch auch auf den vielen Fotos schimmerte der 300 Meter hohe Stahlriese jedesmal in einem anderen Farbton. Erst auf einem Pressefest, bei dem auch ausländische Journalisten teilnahmen, erfuhr er des Rätsels Lösung Am nächsten Tag konnte er endlich seinem 1,5 Meter hohen Modell den letzten Anstrich in Bronze verpassen.

Inzwischen war Bräutigam natürlich in Paris und stellte fest, dass er genau den richtigen Farbton getroffen hat. "Das macht einen dann auch stolz", gibt der 49-Jährige zu. Und es hat ihn ein wenig für die vielen Mühen der oft aussichtslosen Recherche entschädigt. "Man kann sich heute kaum vorstellen, wie schwierig es vor der Wende war, an Unterlagen solcher ausländischer Bauwerke heranzukommen." Rund 60 eigene Bauten sind im Laufe der Jahre in seinem Keller entstanden: beispielsweise das Ensemble des Berliner Gendarmenmaktes, Goethes Sommergarten in Weimar und das römische Colosseum. Ende vorigen Jahres stellte der Modellbauer das Stadtschloss fertig: 2,5 mal 3 Meter groß. Für Bräutigam ist es "die Krönung seines bisherigen Schaffens", sagt er. Zurzeit beschäftigt sich der Ingenieur intensiv mit dem Triumphbogen. Der aus Balsaholz bestehende Grundkörper ist fertig. Dünne, noch unbemalte Pappwände verkleiden das Gerüst. Obwohl der Bogen auf den ersten Blick eher schlicht wirkt, hat es das Bauwerk in sich. Bräutigam muss viele Nischen und Abstufungen einarbeiten. Wie bei den meisten seiner Kunstwerke steht er auch dieses Mal unter Druck. Bis Mai muss alles fertig sein, dann soll das Pariser Wahrzeichen in einer Ausstellung unter der Siegessäule seinen Platz finden.

Nach Feierabend bastelt der Grünauer deshalb täglich in seiner Werkstatt. Dort sägt, modelliert und klebt er oft bis nach Mitternacht. Manchmal gucken ihm dabei einige neugierige Nachbarn zu. Bräutigam hat dafür extra an seiner sonst blickdichten Werkstatt einen schmalen Plexiglasstreifen angebracht. Verzweifelt ist er noch nie an einer seiner Arbeiten. Als ihm allerdings beim Deutschen Dom plötzlich Konstruktionsfehler auffielen, stampfte er kurzerhand den Holzbau wieder ein und begann von vorn. Und wenn seiner Frau nicht aufgefallen wäre, dass Goethes Gartenhaus in Weimar kein blaues, sondern ein bräunlich gedecktes Dach besitzt, hätte er vielleicht seinen ersten Kunstfehler begangen.

Noch steht nicht fest, was dem Triumphbogen folgt, vielleicht das Bodemuseum. Der Modellbauer arbeitet jedenfalls auch gern nach Anregungen von anderen. Auf jeden Fall will er weiterhin ausschließlich eigene Modelle fertigen. Bereits als Kind hatte er alle damals verfügbaren Bausätze ausprobiert. Auch in einer Arbeitsgemeinschaft wirkte er kurzzeitig mit. "Als ich dort den Panzerkreuzer Aurora basteln sollte, bin ich wieder ausgetreten", erinnert sich der Grünauer. Er bezeichnet sich selbst als kreativen Einzelkämpfer mit einer künstlerischen Ader und technischem Verstand. Sein Urgroßvater soll auch so ein Künstler gewesen sein, hat man ihm erzählt. Seine Kinder werden wohl nicht in seine Fußstapfen treten. "Aber vielleicht mal meine Enkel."Das Stadtschloss steht in der Ausstellung "Berlin Story", Unter den Linden 40.

Steffi Bey

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