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Allein auf dem Sprung. An vielen Berliner Schulen werden Jungen und Mädchen im Sportunterricht getrennt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Gerichtsbeschluss: Geschlechtertrennung im Sportunterricht ist erlaubt

Mädchen sollen mit den Jungen Sport machen dürfen, findet eine Familie. Das Verwaltungsgericht sieht das anders: Ein Recht auf Mischung gibt es nicht.

Egal, ob Deutsch, Englisch oder Geschichte – Mädchen und Jungen sitzen in Berlin in der Regel mehr oder weniger einträchtig nebeneinander im Unterricht. Nur nicht beim Sport, da trennen viele Schulen die Klassen nach Geschlechtern.

Eine Berliner Familie, deren zwei Töchter auf eine Schule in Zehlendorf gehen, findet das nicht richtig und hat deshalb beim Verwaltungsgericht beantragt, dass Kinder an öffentlichen Schulen das Recht haben, in der Gruppe des jeweils anderen Geschlechts mitzumachen, wenn sie das wollen. In einem Eilverfahren lehnte das Gericht diesen Antrag ab: „Eltern können nicht beanspruchen, dass ihre Kinder im Land Berlin durchgehend koedukativ unterrichtet werden“.

„Darum geht es uns auch gar nicht“, sagte die Mutter dem Tagesspiegel. „Uns geht es darum, dass Kinder nicht aus Gruppen ausgeschlossen werden, nur wegen ihres Geschlechts.“ Dadurch könnten Rollenklischees verfestigt werden. Die Familie will gegen den Gerichtsbeschluss Beschwerde einlegen.

Für eine Trennung könne es durchaus gute Gründe geben, aber es dürfe nicht gegen den Willen der Schüler durchgeführt werden. Ihrer jüngeren Tochter sei in der zweiten Klasse von einer Lehrerin gesagt worden, dass Jungen besser werfen können und Mädchen deshalb nicht zusammen mit ihnen üben. In der fünften Klasse ihrer älteren Tochter wurde Sport dann ganz getrennt unterrichtet. Die Familie wehrte sich, und schließlich erlaubte die Schulverwaltung den Wechsel des Mädchens in die Jungen-Gruppe. In der sechsten Klasse habe die Schule die Regelung aber wieder aufgehoben.

Berliner Schulen können nach Angaben der Senatsbildungsverwaltung eigenständig entscheiden, ob sie Sport getrennt unterrichten. Wie viele das tun, werde nicht erfasst. Es sei aber davon auszugehen, „dass ab Klassenstufe fünf, aber besonders ab Klassenstufe sieben eine Vielzahl von Schulen den Sportunterricht nicht mehr koedukativ organisiert“. Dafür gebe es fachliche Gründe, wie etwa, dass Mädchen und Jungen sich körperlich unterschiedlich entwickeln, dass sie andere Bewegungsabläufe im Unterricht lernen und ihre Leistungen auch unterschiedlich bewertet werden. In der pädagogischen Forschung gebe es zudem keine einheitliche Meinung, ob sich Chancengleichheit durch gemeinsame Erziehung gewährleisten lasse.

Die GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt hält getrennten Sportunterricht in bestimmten Altersgruppen für durchaus sinnvoll, „auch wenn wir ansonsten für Mischung sind“. In der Pubertät würden Schüler und Schülerinnen dazu neigen, viele Situationen zu sexualisieren. Gerade im Sportunterricht, wo es viel Körperkontakt gibt, könnten gleichgeschlechtliche Gruppen helfen, um Anzüglichkeiten aus dem Unterricht rauszuhalten. Es könne aber sinnvoll sein, Mädchen und Jungen bei manchen Gelegenheiten wie beispielsweise einem Turnier wieder zusammenzubringen.

Landesschülersprecherin Leonie Mader sieht das ähnlich. Pubertierende Mädchen und Jungen etwa beim Schwimmunterricht zu trennen, könne helfen, „weil da viele wegen ihres Körpers unsicher sind“. Grundsätzlich sollte aber niemand wegen seines Geschlechts ausgeschlossen werden. „Fußballgruppen nur für Jungs, das geht gar nicht.“

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