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Berlin: Gerichtsverfahren um Überwachungsanlagen in Schöneberger Mietshaus

Videoüberwachung gewinnt als Mittel zur Gefahrenabwehr zunehmend an Popularität. Gerade sprach sich die Innenministerkonferenz dafür aus, nach dem Beispiel Sachsens gefährliche Orte mit Minikameras überwachen zu lassen.

Videoüberwachung gewinnt als Mittel zur Gefahrenabwehr zunehmend an Popularität. Gerade sprach sich die Innenministerkonferenz dafür aus, nach dem Beispiel Sachsens gefährliche Orte mit Minikameras überwachen zu lassen. Doch auch in weniger öffentliche Räume halten die Geräte Einzug. Vor dem Amtsgericht Schöneberg streiten heute der Eigentümer eines Hauses in der Winterfeldtstraße 25 mit Mietern darüber, ob die vom Vermieter in einem Hausflur und an einem Fenster installierten Kameras rechtens seien.

Der Hauseigentümer, die Winterfeldtstraße 25 GmbH, hatte argumentiert, die Kameras dienten dazu, Straftaten zu verhindern. Wände im Haus seien von Unbekannten immer wieder besprüht, eine Gartentür mutwillig beschädigt worden, sagte der Geschäftsführer der Firma, Reto Mebes. Der Schaden habe mehrere 10.000 Mark betragen. Als unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mieter betrachtet hingegen der Potsdamer Anwalt Cornelius Knappmann-Korn die Installation der Anlage. Sie könnten sich den Videoaugen nicht entziehen. "Selbst die Angst davor, beobachtet zu werden, beeinträchtigt Wohlbefinden und Entscheidungsfreiheit."

In der Winterfeldtstraße ist der Streit über die Videoüberwachung nur Höhepunkt einer teilweise bizarren Auseinandersetzung zwischen Vermietern und Mietern über eine Hofbegrünung, abgestellte Fahrräder und Schlüssel zum Hofgarten. Mebes möchte das Haus sanieren. Ihm ist ein Dorn im Auge, dass einige Mietparteien, die bei einer Sanierung in den 80er Jahren selbst mitgeholfen haben, sehr niedrige Mieten zahlen.

Ende März ließ der Hauseigentümer nach Angaben der Mieter mindestens zwei Videokameras installieren, eine im Durchgang zum Hof, eine im Fenster einer leerstehenden Wohnung mit Fokus auf den zweiten Hof. Kurze Zeit später verschwanden die Kameras auf nicht geklärte Weise. Stattdessen wurden ein halbes Dutzend Warnschilder angebracht, die auf Kameras hinwiesen. Mittlerweile seien zwei neue Kameras montiert worden, sagte Knappmann-Korn. Anfang April hatten Mieter vor dem Amtsgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Kameras erwirkt. Über den Widerspruch von Mebes wird heute verhandelt.

Die Sprecherin des Datenschutzbeauftragten, Claudia Schmid, sagte, eine gesetzliche Regelung zur Videoüberwachung im Privaten stehe noch aus. Sie sei aber notwendig, da vor allem immer mehr Wohnungsbaugesellschaften ihre Mietshäuser elektronisch überwachen lassen. Ihre Behörde spreche sich gegen eine heimliche Beobachtung aus. Eingriffe ins Persönlichkeitsrecht sieht Frau Schmid vor allem, wenn Kameras direkt vor Wohnungstüren filmen.

Anwalt Knappmann-Korn ist da anderer Meinung: Selbst Oberlandesgerichte hätten bereits geurteilt, dass dem Persönlichkeitsrecht höheres Gewicht einzuräumen sei, als Eigentumsinteressen. Nur in Ausnahmen habe die Sicherheit Vorrang, etwa bei Botschaften.

Tobias Arbinger

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