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Berlin: Gerichtsvollzieher bei Zwangsräumung niedergestochen

Opfer nach Notoperation außer Lebensgefahr / Gegen 67-jährigen Täter ermittelt Mordkommission

Bei einer Zwangsräumung hat ein 67-jähriger Mieter am gestrigen Dienstag einen Gerichtsvollzieher mit einem Messer niedergestochen. Vicente G. hatte den Justizbeamten im Treppenhaus vor seiner Wohnung im vierten Stock abgepasst, das Messer verbarg er in einer Zeitung. Von hinten stach er dem 34-Jährigen zweimal in den Oberkörper, dazu rief er: „Ich will hier nicht raus.“ Der Gerichtsvollzieher flüchtete nach oben ins Dachgeschoss, doch G. setzte ihm nach und verletzte ihn mit dem Messer noch am Oberschenkel und an der Hand.

Die Hauseigentümerin Monika F. und ihr Mann, die den Justizbeamten begleitet hatten, blieben unverletzt. Vicente G. wurde wenig später im Treppenhaus nach einem Gerangel von der Polizei überwältigt und festgenommen. Der Gerichtsvollzieher sei nach einer Notoperation außer Lebensgefahr, hieß es gestern bei der Polizei. Die Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen.

Der 67-jährige Spanier lebte seit vielen Jahren in dem Haus an der Sickingenstraße. Im Hof des Altbaus stehen die Mülltonnen in Reih und Glied, Tannenbäume sind mit Balkonblumen umpflanzt. Der Flur im Seitenflügel ist auberginenfarben und hellbeige gestrichen, der PVC-Boden blitzt mit Marmormuster. Kurz vor der Wohnung des Spaniers im vierten Stock hat die Kripo den Tatort gesperrt. Ein Nachbar schüttelt den Kopf über die Tat. „Der ältere Herr war ein eher unscheinbarer Typ, ein ganz ruhiger. Er hat immer freundlich zurückgegrüßt.“ Am Dienstag hatte er sich nicht unter Kontrolle. Nach Auskunft des Nachbarn soll es auch um Heizkostennachzahlungen gegangen sein, die Vicente G. wohl mehrere Jahre nicht beglichen hatte. „Er sagte immer, er habe nicht geheizt und müsse daher auch nichts zahlen.“ Die Heizungen könne man nicht komplett abschalten, im Winter seien die Heizkörper immer warm, sagte der Nachbar. Man könne aber jederzeit mit der Vermieterin reden, sie sei stets offen für Gespräche. Die Vermieterin, Monika F., stand gestern noch unter dem Eindruck des Geschehens. „Ich habe mich immer für Mieter wie sozial schwache Familien mit Kindern entschieden. Jeder von uns kann heutzutage leicht in Notlagen kommen.“

Der Polizei war Vicente G. bislang nicht bekannt. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin hat der 67-Jährige mehrere Gerichtstermine im Zusammenhang mit der Räumung nicht wahrgenommen und Einspruchsfristen verstreichen lassen. Zuletzt hatte im Jahr 2001 ein Schöneberger Mieter einen Gerichtsvollzieher bei der Räumung schwer verletzt – ebenfalls mit einem Messer.

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